Freitag, 07.05.2010
Auch das Frühstück in der Lodge war keinesfalls zu verachten. Es gab ein reichhaltiges Buffet mit allem, was das Herz begehren kann. Anschließend mussten wir wählen, ob wir heute einen Morgen- und Nachmittagsgamedrive mit Mittagessen in der Lodge oder eine Ganztagstour mit Picknick machen wollten. Frank und ich entschieden uns ganz klar für die ganztägige Pirschfahrt, denn so hatten wir die Chance viel weiter rumzukommen als bei einer mittäglichen Rückkehr zur Lodge. Da Wolfgang und Hilda sowie ein paar weitere Leute unserer Reisegruppe sich für die andere Alternative entschieden, hatten wir das große Glück, heute mit zwei der jüngeren Paare in einem Jeep mitfahren zu können. Wir hatten während der letzten Tage schon festgestellt, dass die vier Rheinländer – Jasmin & Andreas und Petra & Ralf – sehr nett und lustig waren. So durften wir uns endlich mal auf eine schöne Tour in lockerer Gesellschaft freuen.
Unser Gamedrive begann gemütlich mit der Sichtung einiger äsender Impalas. Wir schauten den Tieren eine Weile zu, bis auf einmal Bewegung in die Gruppe kam. Vor uns kreuzten sie eilig den Weg, woraufhin wir langsam weiterfuhren. Wenig später stießen wir auf eine Giraffe mit Jungtier. Die beiden standen im dichten Busch und zupften eifrig die saftig grünen Blättchen von den Akazien. Auch einige Vögel konnten wir in verschiedenen Bäumen ausmachen: Ein Toko, zwei Pfirsichköpfchen, ein Buntspecht und mehrere Marabus waren unter anderem dabei. Unser gut deutsch sprechender Guide Nicki, der vorn neben unserem Fahrer saß, verstand es, in humorvoller Art und Weise über die Tiere und ihre Eigenheiten zu erzählen. So gewann die Pirschfahrt einiges an Qualität. Hin und wieder machte er sogar ein kleines Ratequiz mit uns. Es frustrierte mich jetzt schon, dass wir morgen wieder mit Wolfgang und Hilda in einem Auto sitzen würden und einen maulfaulen Fahrer hatten, der uns so gut wie gar nicht informierte.
Bald fanden wir auch die großen Tierherden, die uns schon gestern so enorm beeindruckt hatten, wieder. Ruckzuck waren wir und ein anderer Jeep mitten drin im Geschehen: Unzählige Gnus galoppierten plötzlich in einem Wahnsinnstempo auf uns zu und genau zwischen den beiden Fahrzeugen hindurch – ganz so als würden wir eine Art Schleuse darstellen. Die Hufe trommelten über den Boden und ein aufgeregtes Blök-Konzert ergänzte die Geräuschkulisse. Hin und wieder verlor in dem Chaos ein Jungtier seine Mutter aus den Augen und lief aufgeregt suchend hin und her. In der Regel fanden Mama und Kind sich aber schnell wieder und preschten gemeinsam mit der Herde weiter. Mitten in dem Gewusel befanden sich auch einige Giraffen, die sich von der Hektik anstecken ließen und ebenfalls Kniegas gaben. Über uns und der Herde hing eine immense Staubwolke. So etwas hatte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendetwas dieses einzigartige Naturschauspiel noch übertreffen kann.
Nachdem wir lange Zeit verweilt und der Tierwanderung zugeschaut hatten, fuhren wir weiter. Wir kamen durch eine erstaunlich grüne Landschaft, wo wir in einem natürlichen Pool Nilpferde entdeckten. An einem Flusslauf tranken Zebras und Gnus. Die Tiere schreckten nervös immer wieder auf, und hatten dazu auch guten Grund: In vielen Gewässern gab es hier riesige Krokodile, die zumeist in Ufernähe reglos verharrten und auf eine Beute lauerten.
Etwas später bekamen wir den Hinweis auf einen Leoparden in einem Baum. Das gilt natürlich als etwas Besonderes, da die gefleckte Großkatze nachtaktiv, sehr scheu und daher nicht so leicht aufzuspüren ist. Unser Fahrer dirigierte den Jeep sofort im Eiltempo zu der beschriebenen Stelle. Kurz darauf konnten wir einen ersten Blick auf das Tier werfen. Schwer atmend saß es in der Astgabel eines großen Baums und balancierte von dort aus mühelos auf einen kahlen Ast, auf dem es sich niederließ und alle Viere von sich streckte. Wieder einmal wunderte ich mich darüber, dass Leoparden so einen unbequemen Ort als Liegeplatz auswählen. Doch sogleich erfuhren wir, dass die Tiere Bäume gern als erhöhten Sitz nutzen, von wo aus sie vorbeiziehende Herden grasender Tiere beobachten und sich eine potenzielle Beute ausgucken. Klar, der Überblick aus so einer Höhe ist auf jeden Fall perfekt. Unser Freund hier schien sich aber erstmal ausruhen zu wollen und nicht an eine Jagd zu denken.
Binnen kurzem stießen wir auch noch auf drei in einem Baum schlafende Löwendamen. Hier in der Serengeti spricht man gern von den berühmten Baumlöwen, denn eigentlich ist die Baumkletterei für die großen Katzen vollkommen untypisch. Es handelt sich allerdings nur um eine erlernte Verhaltensweise, die die Tiere sich angeeignet haben, um sich vor lästigen Fliegen und blutsaugenden Insekten zu schützen. Und das tun sie tatsächlich ziemlich erfolgreich, denn die fliegenden Plagegeister vermuten ihre Opfer eher am Boden und nicht in mehreren Metern Höhe. Ganz schön clever, die Serengeti-Löwen!
Zwei der Löwinnen dösten friedlich in ihren Astgabeln, während das dritte Tier uns interessiert beobachtete und seine Position ein bisschen veränderte. Die Vorderbeine baumelten nun lässig herab.
Die Pirschfahrt verlief weiterhin spannend und abwechslungsreich. Wir begegneten äsenden Warzenschweinen, die sich auf den Knien vorwärts bewegten, was ausgesprochen lustig ausschaute. An anderer Stelle entdeckten wir eine kleine Herde Leierantilopen, die gemütlich im Savannengras ruhte, während eines der Tiere – der Aufpasser – auf einem kleinen Erdhügel stand nach potenziellen Feinden spähte. In einem abgestorbenen Baum sahen wir eine beachtliche Anzahl von Geiern, und im tiefen Gras zog eine Gruppe Paviane an uns vorbei.
Am Nachmittag kehrten wir mit vielen neuen Eindrücken zurück zur Lodge. Nach dem Abendessen machten wir uns noch ans Fotos sichten und aussortieren. Glücklicherweise nahmen wir immer einen Laptop mit auf Reisen, so dass wir die Fotos täglich überspielen und unsere Speicherkarten wieder leeren konnten.
Übernachtung: Serengeti Serena Safari Lodge