Sonntag, 09.05.2010
Heute standen wir in aller Frühe auf, denn es war geplant, schon vor Sonnenaufgang auf Pirschfahrt zu gehen. Von unserem Zimmerfenster aus konnten wir einige Elefanten durch den Busch ziehen sehen. Wir machten uns rasch fertig, und schon ging es raus aus der Lodge und rein in den Jeep. Direkt auf den ersten paar Metern sahen wir ein Nilpferd mit Baby durch die Dämmerung tapern. Nikolas fuhr zu einer einsam stehenden Akazie und ließ uns von hier aus den Sonnenaufgang beobachten. Das war wirklich wunderschön: Kaum war der orangefarbene Ball am Horizont aufgetaucht, leuchtete die Mara auch schon im tollsten Licht. In der verzauberten Savanne erblickten wir Leierantilopen, Zebras und eine Gruppe von Thomsongazellen, die von einer Hyäne umschlichen wurde. Die Gazellen behielten das Raubtier genau im Blick, blieben aber überraschend gelassen und wichen nur dann ein Stück zurück, wenn es ihnen zu nahe kam.
Wenig später erlebten wir eine Premiere: Wir sahen die ersten Nashörner auf dieser Reise und machten damit die Big Five endlich voll. Noch dazu handelte es sich um Spitzmaulnashörner; die hatten Frank und ich überhaupt noch nie gesehen. Es kam aber noch besser, denn es war ein weibliches Tier mit seinem Jungen. Zwar kamen wir nicht wirklich nah an die beiden ran, aber es war dennoch ein tolles Erlebnis.
Als nächstes stießen wir auf zwei am Wegesrand liegende Löwen: Eine ausgewachsene Löwin und ein jüngeres Tier. Die Löwin streckte immer wieder den Kopf nach vorn und gab dabei ein leises Grollen von sich. Ob sie wohl nach einem anderen Rudelmitglied rief?
Da eine ganze Traube von Autos hier stand, begnügten wir uns mit einem kurzen Aufenthalt und fuhren dann weiter. Gemütlich tuckerten wir durch die Weite und Einsamkeit der Mara und erfreuten uns an den verschiedensten Tieren. Ein Wasserbock mit prächtigen Hörnern stand wie erstarrt und beobachtete unser Fahrzeug ganz genau, zwei farbenfrohe Gabelracken posierten auf einem Dornenstrauch, zwei Geparden schlichen durchs hohe Gras und legten sich hinter einem Busch zur Ruhe, ein Schabrackenschakal streifte rastlos an uns vorbei, zwei Hornraben suchten den Boden nach Beute ab. Schließlich gelangten wir zu einer Stelle, an der es vor nicht allzu langer Zeit einen Kill gegeben hatte. Circa zwei Dutzend Geier und eine Tüpfelhyäne stürzten sich auf das Aas und gaben dabei laut zeternde Geräusche von sich. Es war ein schaurig-spannendes Spektakel. Die Hyäne ging immer wieder auf die Geier los, um sie von den Überresten zu vertreiben, was ihr aber nicht so recht gelang. Die Raubvögel hüpften oder flatterten lediglich ein Stück zur Seite, ums sich dann von Neuem auf das Aas zu stürzen.
Mittags fuhren wir zurück zur Lodge; für den Nachmittag war noch ein weiterer Gamedrive geplant. Wir gingen etwas essen, streiften über das Gelände der Lodge und beobachteten eine längere Zeit eine Klippschlieferfamilie. Ein weibliches Tier hatte etwa fünf Junge zu säugen. Eines der Jungen huschte immer um das Muttertier herum und wechselte in einem Fort die Zitze. Wir amüsierten uns köstlich und mochten uns gar nicht von den possierlichen Tierchen trennen. Leider hatte ich noch immer ziemlich starke Halsschmerzen und fühlte mich auch ansonsten etwas angeschlagen. Als es schließlich auch noch zu regnen begann, beschloss ich, die Nachmittags-Pirschfahrt ausfallen zu lassen. Die Entscheidung fiel mir wirklich schwer, aber mir war tatsächlich mehr nach etwas Ruhe zumute. Frank blieb bei mir, und so hatten Wolfgang und Hilda Nikolas und den Jeep für sich.
Beim Abendessen erzählten Jasmin und Andreas uns noch eine lustige Anekdote von der Nachmittagstour. Unsere vier Jeeps waren zusammen unterwegs gewesen und hatten noch einmal die Geparden vom Vormittag besucht. Die Tiere hatten sich genug ausgeruht und waren im Begriff, sich an eine Beute anzuschleichen und diese zu jagen. Just in diesem Augenblick fing es nach einer kurzen Regenpause wieder an zu tröpfeln, und unsere liebe Hilda kam auf die glorreiche Idee, den mitgenommenen Regenschirm aus der Dachluke zu halten und aufschnacken zu lassen. Die anvisierte Beute der Geparden, eine Thomsongazelle, erschreckte sich heftig vor dem Geräusch und rannte eilig davon. So war die einmalige Chance, die Katzen bei der Jagd zu beobachten, verstrichen. Glück für die Gazelle – Pech für die Geparden und die gespannten Beobachter. Alle waren furchtbar wütend auf Hilda. Wie konnte man nur auf so eine hummeldumme Idee kommen? Jetzt waren wir sogar fast erleichtert, dass wir nicht mit den beiden im Jeep gesessen hatten. Die Aktion war dermaßen peinlich, dass man lieber nichts damit zu tun haben wollte.
Übernachtung: Mara Serena Safari Lodge