Donnerstag, 19.5.2016 – von San Gimignano nach Bagnoregio
Wie üblich standen wir an diesem Morgen um 6.50 Uhr auf. Ein Blick aus dem Fenster sorgte nicht gerade für beste Laune, denn es war komplett bewölkt und regnerisch. Aber im Prinzip war das ja gestern Nachmittag schon absehbar gewesen, und die Wetter-App hatte auch nichts anderes vorhergesagt. Wir hatten uns überlegt, heute weiter nach Süden in die Provinz Latinum zu fahren und die spektakuläre „Civita di Bagnoregio“ zu besichtigen. Dabei handelt es sich um einen alten Stadtkern, der sich auf einem Tuffsteinfelsen, inmitten einer von tiefen Schluchten durchzogenen Hügellandschaft, befindet und nur über eine 250 m lange Fußgängerbrücke erreichbar ist.
Nach dem Frühstück checkten wir aus und beglichen die Rechnung. Gegen 8.45 Uhr fuhren wir vom Campingplatz und starteten die mit knapp 200 km recht kurze Tagesetappe. Ursprünglich wollten wir zunächst die auf einem Tuffsteinplateau erbaute Altstadt von Orvieto besuchen. Da es aber in Strömen regnete, als wir dort ankamen, fuhren wir direkt weiter nach Bagnoregio. Wir hatten uns zwei mögliche Wohnmobilstellplätze in dem Ort herausgesucht, denn wir wollten gern in der Stadt übernachten. Als erstes gelangten wir zu dem zentralen Parkplatz an der Piazzale Battaglini. Ein schneller Blick ließ uns feststellen, dass das Parken für 24 Stunden saftige 30 € kostete. Das war ja teurer als ein gut ausgestatteter Campingplatz. Kopfschüttelnd fuhren wir weiter zum Area Sosta Camper Stellplatz an der SP135. Der einfache, asphaltierte Parkplatz bietet Platz für ca. 15 Wohnmobile und kostet nur 6 € für 24 Stunden (man kann hier aber auch stundenweise parken). Er befindet sich direkt neben einer Tennishalle und in unmittelbarer Nähe eines Supermarktes. Dummerweise hatten wir kein Kleingeld parat und mussten erstmal zum Supermarkt laufen, um dort einen Schein klein zu machen. Bei der Gelegenheit kauften wir auch noch ein paar Flaschen Bier und Radler sowie ein Weißbrot ein. Dann marschierten wir zurück zum Stellplatz, zogen ein Parkticket am Automaten und positionierten es gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe.
Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen und die Sonne lugte hinter den Wolken hervor. Wir schnappten uns unsere Jacken und schauten bei Google Maps nach, wie wir zur Civita kommen. Dann spazierten wir los. Etwa 20 Minuten brauchten wir, bis wir den offiziellen Aussichtspunkt am Café Belvedere erreichten. Ein Eintrittsgeld wird an dieser Stelle noch nicht fällig, und man hat definitiv von hier aus den tollsten Blick auf die Civita und das zerklüftete Umland. Nach einer ausgiebigen Fotopause liefen wir von dem Aussichtspunkt weiter in Richtung Civita und landeten kurz darauf an einem Kassenhäuschen. Hier kauften wir 2 Tickets für je 1,50 € und durften dann über die lange Brücke hinüber zum alten Stadtkern laufen. Es war ausgesprochen windig, so dass ich meine Kappe die ganze Zeit gut festhalten musste. Das letzte Stück des Steges war recht steil und anstrengend und brachte uns ganz schön ins Schwitzen. Dann war es geschafft: Über den alten Zugangsweg erreichten wir das Stadttor und standen mitten im hübsch herausgeputzten Dörfchen.
Die Civita galt lange Zeit als sterbende Stadt. Um 1990 gab es nur noch knapp ein Dutzend Einwohner, da kaum jemand in den durch Bodenerosion und Erdrutsch absturzgefährdeten Häusern wohnen wollte. Etwas später wurde das Örtchen dann allerdings von Aussteigern entdeckt, und seitdem wird es saniert und wiederbelebt. Es gibt einige Cafés, Restaurants und Souvenirläden und natürlich jede Menge Touristen, die tagtäglich anreisen, um diese einmalige Szenerie zu betrachten. Außerdem werden einige der Häuser mittlerweile als Sommerresidenzen genutzt.
Unsere Erkundungs- und Fototour durch die Civita führte uns durch schmale, gepflasterte Gässchen, vorbei an liebevoll dekorierten Steinhäusern, die zum Teil mit Weinlaub überzogen waren. An den Mauern kletterten blühende Rosen empor, und in fast jedem Hauseingang standen Terrakottatöpfe mit prächtigen Grünpflanzen. An jeder Ecke begegneten uns Katzen, die anscheinend wild in dem Ort leben und ziemlich scheu sind.
Nachdem wir wieder über die Brücke zurück zur anderen Seite gewandert waren, kauften wir uns zur Stärkung in der Gelateria beim Kassenhäuschen zwei Käse-Schinken-Paninis. Anschließend spazierten wir so nah wie möglich an der Felskante zurück zum Zentrum, in der Hoffnung, noch weitere schöne Ausblicke auf die Civita erhaschen zu können. Da aber alles lückenlos mit Privatgrundstücken zugepflastert ist, sollte das leider nicht klappen. Wir liefen sogar ein Stück an der SP6 entlang und dann durch eine hübsche Siedlung (Localita Trucinano), von der aus ein Privatweg durch Olivenhaine und Weinstöcke führt. Doch auch hier blieben wir erfolglos.
Letztendlich überlegten wir uns, mit dem Camper ins Nachbardorf Lubriano zu fahren. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir von dort aus die Civita nicht sehen könnten.
Gesagt, getan. In Lubriano parkten wir kostenlos an der Piazza Paime und liefen die Hauptstraße entlang ins Ortszentrum hinein. Tatsächlich fanden wir dort 5 tolle Aussichtspunkte; nur die Perspektive ist nicht ganz so genial, wie von der offiziellen Aussichtsterrasse in Bagnoregio.
Da es leider ziemlich kräftig zu regnen anfing, mussten wir unseren Spaziergang etwas übereilt abbrechen. Über den mitgenommenen Regenschirm, den ich bis jetzt nur als Ballast empfunden hatte, war ich nun sehr glücklich.
Zurück auf unserem Stellplatz machten wir uns eine leckere Brotzeit mit dem gestern gekauften Pecorino und der Salami. Den restlichen Abend verbrachten wir mit Anschauen unserer bisher gemachten Fotos und Stöbern im ADAC Campingführer, während draußen ein Unwetter tobte.
Unser Camper hielt leider noch eine negative Überraschung bereit: Bereits nach einer Stunde gab die zweite Batterie auf, die ausschließlich für den Wohnbereich da ist und laut Vermieter mindestens 2 Tage halten sollte. So mussten wir den Rest des Abends auf Strom verzichten und uns im Dunkeln tummeln. Richtig blöd war allerdings, dass auch der Kühlschrank nicht mehr vernünftig kühlte…
Tagesetappe: 187 km
Übernachtung: Wohnmobilstellplatz Bagnoregio, an der SP135
Preis: 6 € für 24 Stunden