25. August 2015
Die miese Laune und der Schrecken vom Vortag waren heute gottseidank wie weggeblasen, und wir waren wieder voller Tatendrang. Ein erster Blick aus dem Fenster präsentierte uns allerdings Nebel und keine Sonne über der Bucht von Camps Bay. Schnell waren wir uns einig, dass wir am Vormittag zum botanischen Garten Kirstenbosch rausfahren würden. Dieser war sozusagen unser Notprogramm bei trockenem aber nicht ganz so schönem Wetter. Außerdem setzten wir fest darauf, dass der morgige Tag bombastisch werden würde; so kündigte unsere Wetter-App es nämlich schon seit einer Woche an, und auch unser Gastvater, der – was das Wetter angeht – immer recht pessimistisch war, zeigte sich guter Dinge. So war für uns glasklar, dass wir morgen die große Tour über die Kaphalbinsel machen würden.
Nach einem ausgiebigen Frühstück verließen wir Camps Bay und machten uns auf den Weg nach Newlands, dem Stadtteil, wo sich der botanische Garten befindet. Je näher wir dem 36 Hektar großen Park kamen, desto schöner wurde das Wetter. Bald brach die Sonne hervor und die Wolkendecke öffnete sich. Blau leuchtete der Himmel über uns, als wir den Parkeingang erreichten. Bester Laune kauften wir zwei Tickets für insgesamt 100 Rand und machten uns an die Erforschung des weitläufigen Geländes, das ausschließlich einheimische Pflanzen beheimatet. Mit Hilfe einer Karte, in die die verschiedenen Wanderwege eingezeichnet sind, machten wir uns zunächst auf die Suche nach dem Tree Canopy Walkway. Dieser auf Pfeilern erbaute Pfad, schlängelt sich in ca. 11 m Höhe über den Baumwipfeln entlang und bietet einen tollen Blick über den Park und auf den Tafelberg. Wir spazierten ihn zwei Mal entlang, ließen uns dann aber von den vielen sich hier tummelnden Touristen verscheuchen. Gemütlich schlenderten wir kreuz und quer durch den wirklich hübsch angelegten Garten. Etwas bedauernd stellten wir fest, dass kaum eine Blume blühte. Wahrscheinlich war es einfach noch zu früh im Jahr. Der Frühling hielt ja gerade erst Einzug in Südafrika. Der Proteengarten hielt dann allerdings doch noch ein Highlight für uns bereit: Hier standen einige Büsche in voller Blüte, so dass es rosa, gelb und orange leuchtete. Sogar eine Königsprotea konnten wir hier bewundern.
Gegen Mittag verließen wir den Park und fuhren weiter nach Muizenberg, wo mitten auf dem schneeweißen Strand eine ganze Reihe von bunten Badehütten steht. Die pittoresken, zum Teil etwas verwitterten Holzhäuschen gaben zusammen mit dem strahlend blauen Himmel und den Schönwetterwölkchen ein perfektes Fotomotiv ab. Wir tobten uns ausgiebig mit unseren Kameras aus und überlegten dann, was wir als nächstes anstellen könnten.
Schnell waren wir uns einig, dass das tolle Wetter ausgenutzt werden musste. Eine Wanderung auf den Lion’s Head stand zwar eigentlich nicht auf unserer To-Do-Liste, war aber ausgesprochen verlockend.
Wenig später befanden wir uns auf dem Rückweg nach Camps Bay und fuhren direkt zum Trailhead an der Signal Hill Road, wo es ausreichend Parkmöglichkeiten gibt.
Auch hier schien mittlerweile die Sonne, und der Himmel war nahezu wolkenlos und tiefblau. Also nichts wie los. Strammen Schrittes liefen wir den zunächst breiten Sand-Kiesweg entlang. Es ging stetig bergauf, und wir gerieten schnell ins Schwitzen. Schon kurze Zeit später eröffnete sich hinter uns ein fantastischer Blick auf die Bergkette der 12 Apostel, über der dekorativ ein Wolkenband hing, das die Bergspitzen neckisch umspielte. Am Fuße der Berge erstreckten sich die Häuser von Camps Bay und Clifton und weiter vorne die schneeweiße Strände und der türkisblaue atlantische Ozean. Irgendwann wurde der Weg schmaler und vor allem steiniger. Man musste gut aufpassen, wohin man tritt. Am Wegesrand blühten Blumen in allen erdenklichen Farben, und je höher wir gelangten, desto spektakulärer wurde die Aussicht. Wir kamen aus dem Staunen und Schwärmen kaum noch heraus. Da der Trail spiralförmig im Uhrzeigersinn um den Lion’s Head herumführt, eröffneten sich uns ständig andere Ausblicke und Perspektiven. Nachdem die 12 Apostel und Camps Bay hinter uns verschwanden, lagen bald darauf die Innenstadt von Kapstadt, der Signal Hill und der wolkenfreie Tafelberg vor uns. Wir waren so begeistert, dass wir ständig nach unseren Kameras greifen und Fotos machen mussten. Immer wenn wir glaubten, toller kann es nicht mehr werden, eröffnete sich doch ein noch schönerer Blick. Langsam aber sicher wurde der Pfad immer unwegsamer. Es begann eine Kletterei über Felsblöcke und in Fels geschlagene Stufen. An einer Stelle mussten wir über eine Leiter weiter nach oben klettern, und an einigen Passagen sicherten Eisenketten den Aufstieg. Schon sahen wir den Tafelberg und die 12 Apostel wieder aus einer ganz anderen Perspektive. Das war so genial!
Vor dem letzten steilen Anstieg zur Felsspitze beschlossen wir, umzukehren, da wir gleich noch auf den Signal Hill fahren wollten und es mittlerweile schon später Nachmittag war. An dieser Stelle gibt es zwei Varianten, um zum Gipfel zu gelangen, und zumindest eine davon sieht reichlich abenteuerlich aus. Über Eisensprossen, die in die Felswand geschlagen sind, muss man steil nach oben klettern. Zusätzlich sind Ketten an der Wand angebracht, an denen man sich festhalten kann. Nicht unbedingt was für Leute mit Höhenangst, so wie mich… Der alternative Weg (Hinweisschild „Recommended Route“) scheint weiter in hohen Stufen um den Fels herum zu führen und sich deutlich mehr in die Länge zu ziehen. Das wäre wahrscheinlich noch gut machbar gewesen.
Auch der Abstieg, den wir schneller als gedacht absolvierten, war ein Genuss. Das Wolkenband über den 12 Aposteln hatte sich komplett aufgelöst, so dass wir die Bergkette endlich mal in ihrer ganzen Pracht sahen.
Für die Wanderung haben wir 1 Stunde bergauf (mit vielen Pausen) und eine halbe Stunde bergab (ohne Pausen) benötigt.
Zurück am Auto fuhren wir ein Stück weiter auf den Signal Hill. Von hier aus bieten sich wieder andere Ausblicke auf die Stadt. Man erkennt das Greenpoint Stadion, die Waterfront und natürlich den Lions Head. Wie zu erwarten, war die Fernsicht heute richtig gut. Die Nachmittagssonne tauchte alles in ein goldenes Licht. Außerdem war es schön warm und windstill.
Die letzten Sonnenstrahlen und den Sonnenuntergang genossen wir schließlich am Strand von Camps Bay. Auf den Felsen am Ende des Strandes sitzend, bewunderten wir die wechselnde Lichtstimmung und die zunehmende Orangefärbung des Himmels. Als die Sonne verschwand, wurde es direkt empfindlich kalt, und wir fröstelten in unserer dünnen Kleidung. So rafften wir uns lieber schnell auf und sahen zu, dass wir zu unserem Auto kamen.
Etwas später – wir hatten uns rasch frisch gemacht und dick angezogen – machten wir uns auf den kurzen Fußweg zum Hussar Grill. Nachdem wir dort so gut gegessen hatten, wollten wir unbedingt noch ein zweites Mal dort hin. Als Appetizer gab es wieder die leckeren Knoblaucholiven und die Süßkartoffelchips. Bei der netten Kellnerin, die uns schon beim letzten Mal bedient hatte, bestellten wir nach kurzer Durchsicht der Karte unsere Hauptspeisen. Ich hatte mich für ein gegrilltes Straußenfilet an Wildbeeren-Schnaps-Soße mit Kartoffelpüree entschieden. Frank wählte das Wildgericht des Tages: Elenantilopensteak mit Pommes. Als Gemüsebeilage teilten wir uns das Zimt-Butternut-Gemüse, das uns schon bei unserem ersten Besuch so fantastisch geschmeckt hatte. Wieder waren wir vollkommen begeistert. Das Fleisch war auf den Punkt gegrillt, hatte ein schönes Röstaroma und war unglaublich zart. Zum Schluss waren unsere Teller blitzblank, und wir ließen uns sogar noch zu einem Nachtisch hinreißen, den wir uns allerdings teilten. Das „Chocolate Fondant“, ein warmes Schokoküchlein mit einem flüssigen Schokoladenkern und einer Kugel Vanilleeis, klang einfach zu verführerisch. Als Absacker gab es wieder den von mir heißgeliebten Chocolate-Vodka-Martini. Frank war nicht so scharf auf das süße Schokogetränk, und so hatte ich Glück und konnte sogar 2 Gläschen davon trinken.
Das Abendessen war, wie schon beim letzten Mal, preislich ein absoluter Schnapper (38 €). Natürlich verdankten wir das nicht zuletzt dem unschlagbar guten Umrechnungskurs (ca. 15 Rand = 1 €).
Satt, müde und glücklich spazierten wir zurück zu unserem Guesthouse, wo wir noch in Ruhe duschten und die Fotoausbeute des Tages sichteten.