4. Safaritag: Flug in die Masai Mara
Vor Sonnenaufgang ging es nach einem schnellen Frühstück in Richtung Amboseli Airstrip. Auf dem Weg dorthin hatten wir noch einen tollen Blick auf den Mount Kilimandscharo. Im Vordergrund zog gerade ein Elefant über die Ebene.
Während die Sonne am Horizont erschien, beobachteten wir einige Zebras und Gnus, die bereits auf den Beinen waren und einem neuen, ungewissen Tag entgegen blickten. An einem undefinierbaren Kadaver fraßen zwei Tüpfelhyänen, und durch den Sumpf zog ein Büffel, auf dessen Rücken ein Kuhreiher balancierte. Vor einem dichten Dornengebüsch entdeckten wir drei Löwinnen, die dort offensichtlich eine Beute gemacht hatten und bewachten. Plötzlich näherte sich ganz dreist eine Hyäne. Sie kam so nah an die Löwen heran, dass diese sich augenscheinlich bedroht fühlten. Eine der Löwinnen sprang auf und jagte hinter der Hyäne her, die aber nur wenige Meter floh, um sich dann direkt wieder anzunähern. Die Löwin schien sehr gereizt und verscheuchte die aufdringliche Hyäne immer wieder. Diese begann laute, kichernde Geräusche von sich zu geben. Nicolas erklärte uns, dass sie damit Verstärkung ruft. Und tatsächlich: Innerhalb kürzester Zeit hatten sich zehn Hyänen versammelt. Gemeinsam bedrängten sie die Löwinnen, bis diese sich tatsächlich erhoben und abzogen. Wahnsinn, die Hyänen hatten gewonnen!
Leider lief uns die Zeit davon, und der Flieger in die Masai Mara würde sicher nicht auf uns warten. Also rissen wir uns los und fuhren die letzten Kilometer zum Airstrip. Dort verabschiedeten wir uns von Nicolas und dem Pärchen und machten uns auf den Weg zu unserer Maschine. Gegen 9 Uhr startete der kleine Flieger, der über maximal 18 Plätze verfügte. Der Flug war vollkommen ruhig und angenehm, und bot uns einen tollen Überblick über die Savanne. Als wir die Masai Mara erreichten, mussten wir mehrfach zwischenlanden. Zuerst landeten wir auf dem Olkiombo Airstrip, wo die Gäste des Mara Intrepids Camps ausstiegen. Hier wurde unsere Maschine auch aufgetankt. Danach landeten wir sicher noch zwei weitere Male, um andere Gäste abzusetzen. Das war fast wie bei einer Bustour. Gegen 10 Uhr erreichten wir dann endlich den Airstrip in der Nähe des Governors‘ Camp. Dort wurden wir bereits von einem Fahrer erwartet, der uns per Jeep zu unserer Unterkunft brachte.
Wir hatten das Governors‘ Camp ganz bewusst ausgewählt, da es als eines der besten Camps auf der Welt gilt und direkt am Mara River liegt. Es ist nicht eingezäunt, so dass die Tiere ein und aus gehen können, wie sie Lust haben. Das komplette Camp besteht ausschließlich aus Zelten. Es gibt 37 Gästezelte, ein Restaurantzelt, ein Barzelt sowie ein Akku-Aufladezelt und ein Föhnzelt, da die Gästezelte über keinen Stromanschluss verfügen. Die Atmosphäre in dem Camp ist einfach urig und setzt dem Safarifeeling die Krone auf. Nachdem wir eingecheckt hatten, bezogen wir unser gemütliches Zelt, das über zwei Einzelbetten verfügte, die wir zusammenschieben ließen. Im hinteren Bereich befand sich ein Badezimmer mit Toilette und Dusche. Von unserer Terrasse aus hatten wir einen tollen Blick auf die Weite der Landschaft. Was kann man mehr wollen?
Zur Mittagszeit begaben wir uns in Richtung Restaurant. Auf der Wiese, direkt oberhalb des Mara Flusses, waren einige Tische gedeckt. Wir bekamen einen schönen Platz mit Blick auf den Fluss und einen sehr freundlichen Kellner zugeteilt. Ganz in der Nähe war ein reichhaltiges Buffet aufgebaut, von dem wir uns bedienen konnten. Außerdem gab es eine Grillstelle, wo mariniertes Fleisch frisch zubereitet wurde. Es war wirklich sehr lecker. Anschließend machten wir einen Spaziergang über das Gelände des Camps. Wir entdeckten einige große Krokodile am Fluss, und ein netter Campmitarbeiter zeigte uns die Stelle, wo die diese ihre Eier abgelegt hatten. Oberhalb des Flusses äste, auf den Knien robbend, ein Warzenschwein. Durch den Busch zogen ein paar Paviane, und eine Zebramanguste putzte sich eifrig in der Sonne. Schließlich gönnten wir uns noch ein bisschen Ruhe, bevor es Nachmittags auf eine erste Pirschfahrt gehen sollte.
Gegen 16 Uhr trafen sich alle Gäste des Camps bei den Jeeps. Wir wurden in Vierer- oder Fünfergruppen auf die Fahrzeuge aufgeteilt. Zu uns gesellte sich ein Ehepaar mit Sohn. Die drei waren ebenfalls aus Deutschland und machten einen sehr netten Eindruck. Der Fahrer stellte sich uns als Robert vor und ließ uns in den geräumigen, offenen Jeep steigen, der zwei Einzelsitze hinter dem Fahrer und dahinter eine Dreier-Rückbank hatte. Schon tuckerten wir los, in die Weiten der Mara. Wir hatten vorhin schon bemerkt, dass die Landschaft hier wunderbar grün und fruchtbar war. Es dauerte nur ein paar Minuten, dann waren wir mittendrin im bunten Treiben: Große Gnu- und Zebraherden genossen das in Hülle und Fülle wachsende Gras. Zwischen ihnen tummelten sich Elefanten. Wir hielten neben einer Gruppe von Zebramangusten, die quirlig hin und her wuselten und sich hin und wieder auf ihre Hinterbeine stellten, um nach dem Rechten zu schauen. Wenig später kamen wir zu einem kleinen Erdhügel, auf dem eine Löwin und zwei junge Löwenmännchen lagen, die schläfrig ihre Umgebung betrachteten. Ein kräftiger Pascha lief gemächlich zwischen den Elefanten und Gnus her. Die Tiere interessierten sich kaum für ihn, so als wüssten, sie, dass ihm der Sinn gerade nicht nach einer Jagd stand. Von einer kleinen Wasserstelle kamen eine Löwin und ihr halbstarker Nachwuchs angetrottet. Die beiden Junglöwen rieben ihre Köpfe an der Mama und schauten neugierig nach allen Seiten.
Wir kamen zu einem kleinen Busch, neben dem ein ausgewachsener Löwe und eine Löwin ruhten. „Honeymooner“ nannte Robert die beiden, die er offensichtlich gut kannte. Die Katzen waren mitten in der Paarungszeit, und da sie sich während dieser Zeit ca. 40 Mal am Tag paaren, sagte unser Fahrer uns einen baldigen Akt voraus. Wir sollten nur ein kleines bisschen Geduld haben. Leider begann es leicht zu regnen. Doch auch darauf war Robert vorbereitet. Ruckzuck hatte er eine Plane über das Dach des Fahrzeugs gezurrt, und so konnten wir ganz in Ruhe darauf warten, dass das Löwenpärchen wieder in Stimmung kam. Es dauerte gar nicht lange, da erhob der Pascha sich und umschlich die Löwin. Sie schien aber noch keine Lust zu haben und fauchte unwillig, bis ihr Auserwählter sich wieder neben sie legte. Das ging eine Weile so hin und her, bis die Löwin sich plötzlich aufsetzte, uns ihr Hinterteil zuwandte und dem Pascha signalisierte, dass sie jetzt soweit war. Der zögerte nicht lange, bestieg sie und biss ihr dabei in den Nacken, damit sie still hielt. Die Paarung dauerte maximal 30 Sekunden. Als der Pascha von der Löwin abgelassen hatte, begann diese sich ausgiebig zu wälzen. Kurz darauf lagen die beiden wieder schläfrig nebeneinander.
Wie wir kurz darauf feststellten, schienen momentan so einige Tiere paarungsbereit zu sein. Eine männliche Tüpfelhyäne schickte sich gerade an, das Weibchen ihrer Wahl zu besteigen. Dieses war jedoch überhaupt nicht begeistert, sprang auf und äußerte seinen Unmut. Das verschmähte Männchen zog frustriert von dannen. Ganz in der Nähe lagen fünf zu einem Knäuel verschlungene junge Hyänen mit noch richtig plüschigem Fell. Die Tiere erwachten gerade und standen, eines nach dem anderen, auf. Sie streckten sich ausgiebig und machten sich dann über ein paar herumliegende Knochenreste her. Mit ihrem kräftigen Kiefer können sie Knochen mühelos knacken, um an die essbaren Bestandteile zu gelangen. Die Fünf balgten und spielten, dass es eine Freude war, zuzuschauen. Da soll noch mal einer behaupten, dass Hyänen einfach nur hässlich sind…
Robert fuhr nun etwas weiter hinaus, zu dem Territorium dreier Gepardenbrüder. Man merkte, dass er die Tiere und ihre Gewohnheiten genau kannte. Im Handumdrehen hatten wir die drei Katzen gefunden. Auch sie lagen noch faul herum, kamen aber so langsam in die Gänge. In typisch katzenartiger Manier dehnte sich eines der Tiere, gähnte und markierte mehrfach. Dann marschierte es los und sprang kurz darauf mit einem großen Satz auf den knorrigen, breiten Ast eines abgestorbenen Baumes. Dort stolzierte es eine Weile herum und hielt nach allen Seiten Aussicht, bevor es etwas ungeschickt wieder zu Boden sprang. Die beiden anderen Geparden rangelten währenddessen miteinander herum.
Vollkommen beeindruckt von den ganzen tollen Begegnungen fuhren wir schließlich zurück zum Camp, wo wir uns erstmal in Ruhe frisch machten. Als wir wieder aus unserem Zelt traten, sahen wir nur wenige Meter entfernt einige Elefanten und Zebras vorbeiziehen. Da es schon dämmerte, wurden wir von einem Massai zum Restaurant begleitet. Die Sicherheit der Gäste wird natürlich groß geschrieben. Da insbesondere abends und nachts häufig Flusspferde zum grasen ins Camp kommen, und auch Raubtiere und andere gefährliche Wildtiere ein und ausgehen, wie sie Lust haben, ist es wichtig, dass man sich an einige Regeln hält und vor allem nicht allein durch die Gegend läuft. Im Restaurantzelt angekommen, wurden wir an einen Tisch geführt und von unserem Kellner begrüßt. Das Abendessen gab es in Menüform, und wir hatten die Wahl zwischen verschiedenen Hauptgerichten und Desserts. Es war wirklich ausgezeichnet und rundete den erlebnisreichen Tag perfekt ab.
Später fragten wir noch einen Angestellten, ob es im Camp auch Buschbabys gäbe. Er bejahte und führte uns zu einem Baum mit einer kleinen Plattform. Dort hockte ein niedliches, schwarzes Buschbaby und knabberte an den bereitgelegten Früchten. Ich war vollkommen begeistert. Anschließend verbrachten wir noch ein bisschen Zeit am gemütlichen Feuerplatz. Zu unserm Zelt brachte uns wieder ein Massai, der uns auf ein Flusspferd hinwies, das in unmittelbarer Nähe graste. Wir konnten im Stockdunkeln aber lediglich die Kontur erkennen.
In unseren Betten lagen zwei heiße Wärmflaschen, die man bei der nächtlichen Kälte gut gebrauchen konnte. Später in der Nacht erwachten wir mehrfach und lauschten verschiedenen, sehr nahe klingenden Tiergeräuschen. Es war wirklich sehr aufregend, in einem nicht umzäunten Camp zu übernachten, wo uns nur dünne Zeltwände von den Tieren trennten.
5. Safaritag: Ganztagespirschfahrt in der Masai Mara
Sehr früh wurden wir von einem Camp-Mitarbeiter mit Kaffee und Keksen geweckt. Wir hatten gestern mit Robert und den anderen drei Deutschen vereinbart, dass wir heute eine Ganztagespirschfahrt mit Picknick im Busch machen würden. Noch vor Sonnenaufgang sollte es losgehen. Im Schein der Öllampe zogen wir uns an und machten uns frisch. Nachdem wir den Kaffee herunter gestürzt hatten, waren wir auch richtig wach und ließen uns zum Jeep bringen. Die anderen waren genauso pünktlich wie wir, so dass es zügig losgehen konnte. Bald wurde es hell, und im ersten Licht sahen wir viele Elefanten durch die weite Savanne ziehen. Eine Elefantenkuh hatte ein winziges Kalb bei sich. Das Kleine versuchte schon eifrig mit seinem Rüssel grüne Zweige von einem Busch zu pflücken, was ihm aber noch nicht gelang. Es war so winzig, dass es noch locker unter dem Bauch seiner Mutter hindurch laufen konnte.
Während der Weiterfahrt sahen wir große Gnuherden, Zebras, Thomsongazellen, Schakale, galoppierende Hyänen, einen ausgewachsenen Löwen und sogar einen Löffelhund, der aber schnell im hohen Gras verschwand. Unser eigentliches Ziel jedoch war das Revier einer Leopardin. Es war eine längere Fahrt, die sich aber lohnen sollte. Gegen Mittag spürten wir die wunderschöne Katze auf, die scheinbar ziellos durch ihr Gebiet streifte. Sie machte keinen sonderlich scheuen Eindruck. Daher kamen wir relativ nah an sie heran und konnten sie hervorragend beobachten. Sie wälzte sich ausgiebig im hohen Gras und entdeckte dann einen großen Baum, der ihr Interesse weckte. Leoparden sind hervorragende Kletterer, die Bäume gern als Beobachtungsposten und Schlafstätten nutzen. Aber auch eine erlegte Beute schaffen sie gern auf Bäume, um sie vor Löwen und Hyänen zu sichern. Unsere große, schlanke Leopardin machte schließlich einen großen Sprung, kletterte mühelos den Baumstamm hinauf und balancierte von dort aus durch das Astwerk. Sie wagte sogar einen Sprung von einem Ast zum anderen. Als sie einen bequemen Platz gefunden hatte, legte sie sich dort nieder, putzte sich und beobachtete uns aufmerksam. Lässig ließ sie ihre Hinterbeine herunter baumeln, was echt unbequem aussah. Da es nicht den Eindruck machte, als würde sie in nächster Zeit wieder von dem Baum herunter kommen, fuhren wir weiter und suchten uns einen schönen, offenen Picknickplatz neben einer Akazie. Robert breitete eine rote Tischdecke auf der Motorhaube des Jeeps aus und holte alle möglichen Leckereien, die er aus dem Camp mitgenommen hatte, hervor. Wir standen im Halbkreis um den „Tisch“ herum und verspeisten mit gutem Appetit Sandwiches, Hähnchenschenkel und anderes.
So gestärkt setzten wir schließlich unseren Gamedrive fort. Wir fuhren noch einmal zurück zu der Leopardin, die den Baum nun doch wieder verlassen hatte und durch das hohe Gras streifte. Eine Weile folgten wir ihr, beschlossen dann aber, sie in Ruhe ziehen zu lassen. Weiter ging es zum Mara River. Eine große Gruppe Zebras zog soeben heran. Die Tiere waren äußerst wachsam und zögerten lange, bis schließlich eines den Anfang machte und die steile Böschung zum Ufer herunter sprang. Danach trauten sich peu a peu immer mehr Zebras zum Fluss hinunter. Bald standen viele Tiere im Wasser und stillten ihren Durst. Die ganze Zeit über waren sie aufmerksam und fluchtbereit. Kein Wunder, warteten hier unten doch viele Gefahren auf sie. Im Mara River wimmelt es nur so vor Krokodilen, und auch Löwen wittern in dieser Situation ihre große Chance.
Etwas später stießen wir auf ein Warzenschwein mit vier Jungen. Die Tiere schoben sich auf den Knien vorwärts um besser an das Gras zu gelangen. Plötzlich schreckte die Familie irgendetwas auf. Mit antennenartig aufgestellten Schwänzen flitzten sie eilig davon. Danach trafen wir auf eine kleine Gruppe am Boden ruhender Elenantilopen. Diese unglaublich große Antilopenart mit gedrehten, geraden Hörnern sahen wir zum ersten Mal.
In unmittelbarer Nähe lag eine Giraffe entspannt im Gras. Eine weitere Giraffe schritt aus dem Busch langsam heran. Als sie den Artgenossen erreichte, rieben die beiden ihre Köpfe zur Begrüßung aneinander. Das liegende Tier erhob sich erstaunlich mühelos auf die langen Beine, und gemeinsam zogen die beiden weiter. Kurz darauf sahen wir einen Pavian Nahrung sammelnd über die Ebene ziehen. Unter seinem Bauch klammerte sich ein winziges Baby fest. Wir gelangten zu einer Stelle, wo die Reste eines undefinierbaren Kadavers lagen und von mindestens 30 Geiern belagert wurden. Die großen Vögel hüpften und flatterten kreischend durcheinander. Sie stritten sich regelrecht darum, die besten Stücke abzubekommen.
Als wir gerade durch ein trockenes Flussbett fuhren, entdeckte ich einen Leoparden, der an der Böschung entlang lief . Die anderen hatten ihn nicht gesehen, also rief ich aufgeregt „Chui“ – was im Swahili „Leopard“ bedeutet. Robert setzte sofort zurück, und dann sahen wir alle das stattliche Tier. Es war ein wohlgenährtes Männchen, das farblich viel mehr ins bräunliche Orange ging als das Weibchen von vorhin. Dieses war eher gelb-weiß und recht zierlich gewesen. Die Katze war extrem scheu. Als sie mitkriegte, dass wir sie bemerkt hatten, rannte sie schleunigst weg und verschwand im Busch.
Wenig später passierten wir eine große Herde wiederkäuender Kaffernbüffel. Die Tiere sahen so friedlich und faul aus, dass wir kaum glauben konnten, dass sie zu den gefährlichsten Wildtieren Afrikas gehören.
Ganz in der Nähe lag ein junger Löwe mutterseelenallein im Gras. Er blickte uns skeptisch an und reckte immer wieder den Kopf nach vorn. Dabei gab er einen relativ leisen, brummenden Ton von sich. Auf diese Weile kommuniziert er mit seinen Artgenossen bzw. ruft er seine Mutter, erklärte uns Robert. Wir ließen ihn in Ruhe und tuckerten weiter durch die Mara. Auf einer Anhöhe hatten wir einen tollen Blick über die Weite Savanne. Soweit das Auge reichte sah man Gnus grasen. Dazwischen tummelten sich einige Zebras und Thomsongazellen. Es war wirklich überwältigend.
Immer wieder sahen wir auch Jungtiere, die zum Teil wahrscheinlich nicht älter als ein paar Tage waren. Von Robert erfuhren wir, dass viele Antilopen- und Gazellenarten gleichzeitig ihren Nachwuchs zur Welt bringen. Es ist eine Art Überlebensstrategie, denn wenn viele Jungtiere gleichzeitig geboren werden, können die Raubtiere ja schlecht alle gleichzeitig fressen. So ist die Chance größer, dass möglichst viele Jungtiere überleben. Eine ziemlich schlaue Taktik, wie wir fanden.
Unter einem breiten Busch lag ein stolzer Löwenpascha mit langer Mähne und hielt Siesta. An einem Aussichtspunkt am Mara River sahen wir mehrere badende Flusspferde und still lauernde, mächtige Nilkrokodile. Ein im Fluss herumtreibender Gnu-Kadaver zeugte von der schnellen und absolut tödlichen Reaktionsfähigkeit der Reptilien. Wenn ein potenzielles Opfer zu nahe kommt, besitzt das Krokodil die Fähigkeit, es ruckzuck anzuspringen, unter Wasser zu zerren und zu ertränken. Diesen Viechern will man lieber nicht zu nah kommen!
Schließlich hielt unser Fahrer noch ein weiteres Highlight für uns bereit. Er brachte uns zu einer Stelle, wo eine Löwin ihre drei Babys versteckt hielt. Die Jungen waren erst wenige Monate alt und noch total verspielt. Sie bissen und balgten sich, und zwischendurch schmusten sie mit ihrer Mama oder tanzten ihr auf dem Kopf herum. Als die Löwin in Richtung eines Gebüschs lief, sprang eines der Jungen an ihrer Seite hoch und biss ihr ins Ohr, während ein anders ihren Schwanz malträtierte. Wir genossen es sehr, den vieren zuzusehen und waren ein bisschen enttäuscht, als sie sich in den dichten Busch zurückzogen.
Auf der Rückfahrt zum Camp wurde mir noch ein großer Wunsch erfüllt, denn wir entdeckten im hohen Gras einen Serval. Die Wildkatze mit dem schlanken Körper, den langen Beinen und dem kleinen Kopf mit großen, runden Ohren sieht total drollig aus. Fasziniert beobachten wir, wie sie sich zu uns umschaute, kurz zögerte und dann zügig davon schlich. Was für eine geniale, seltene Begegnung! Mehr konnte der Tag wirklich nicht bringen.
Zurück im Camp verbrachten wir wie gestern einen schönen Abend mit sehr gutem Essen und etwas Lagerfeuerromantik.
6. Safaritag – Pirschfahrt in der Masai Mara und Rückflug nach Mombasa
Leider konnten wir heute keine Ganztagespirschtour mehr machen, da wir nach dem Mittagessen zurück nach Mombasa fliegen mussten. Wir waren richtig traurig, dass die schöne Zeit in der Masai Mara schon so gut wie rum war. Es kam uns vor, als wären wir gerade erst angekommen. Na ja, im Prinzip war es ja auch so: Zwei Nächte waren einfach viel zu kurz für dieses einmalig schöne Fleckchen Erde.
Wieder fuhren wir vor Sonnenaufgang los. Die drei anderen Deutschen waren auch wieder mit von der Partie. Sie würden noch eine weitere Nacht hier bleiben, die Glücklichen. Während es langsam hell wurde, sahen wir einige Heißluftballons über der Savanne aufsteigen. Die erwachende Tierwelt aus so einem Ballon zu beobachten muss ein großartiges Erlebnis sein, für das uns leider keine Zeit mehr blieb. Im ersten Licht des Morgens hatten wir zahlreiche Löwenbegegnungen. Aber obwohl wir hier in der Mara wirklich Löwen zu Mass sahen, freuten wir uns immer noch über jede neue Begegnung. Unter anderem konnten wir vier weibliche und einen männlichen Löwen an einem Kadaver beobachten. Der Pascha lag faul neben der erlegten Beute; vermutlich hatte er sich den Bauch bereits vollgeschlagen. Die Löwinnen hingegen frühstückten gerade ausgiebig und ließen sich dabei auch überhaupt nicht stören. Robert klärte uns stirnrunzelnd darüber auf, dass es sich bei dem erlegten Tier um eine Kuh der Massai handele, wofür diese sicher wenig Verständnis haben würden. Häufig ist es so, dass die Massai einen Löwen töten, wenn dieser seinen Hunger mit ihrem Eigentum stillt…
Nachdem wir den Katzen eine Weile zugeschaut hatten, fuhren wir weiter. Wir sahen ein neugeborenes Topi, unter dessen Bauch noch ein Stück Nabelschnur baumelte. Die kleine Antilope stand schon recht sicher auf den Beinen und sprang eifrig um seine Mutter herum. Schließlich erreichten wir den Mara River, in dem zahlreiche Flusspferde und riesige Nilkrokodile schwammen. Langsam folgten wir dem Fluss und stießen kurz darauf auf eine elf Tiere zählende Elefantenherde, die zum trinken ans Ufer gekommen war. Es waren vier ausgewachsene Kühe, vier Halbstarke und drei Kälber dabei. Immer wieder ließen die Tiere ihre Rüssel ins Wasser baumeln und spritzten sich die Flüssigkeit anschließend ins Maul.
Weiter ging es zu einem typischen Crossing-Punkt. Bei Crossing-Punkten handelt es sich um Stellen am Fluss, die von den großen Herden häufig für Flussüberquerungen genutzt werden. Robert schlug vor, hier eine Weile zu warten. Wir vertrauten seinem Gespür und seiner Erfahrung voll und ganz und stimmten daher zu. Zwar dauerte es etwas länger, aber dann näherte sich tatsächlich eine große Gnuherde, die von etlichen Zebras begleitet wurde.
Mucksmäuschenstill beobachteten wir, wie die Tiere sehr zögerlich immer näher an den Fluss heran kamen. Glücklicherweise war das Ufer hier recht flach. Ich hatte schon Fotos von Herden gesehen, die eine steile Böschung herunterspringen, sich dabei teilweise überschlagen und schwer verletzen. Der Mara Fluss war hier zwar relativ breit aber auch sehr flach. Krokodile waren auf den ersten Blick nicht zu sehen. Also beste Voraussetzungen für eine Überquerung. Dennoch war die Herde sehr nervös. Immer wieder schraken die Tiere auf und flohen einige Meter in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit trauten sich die einige Gnus ins Wasser. Sie tranken gierig, schauten sich aber immer wieder gehetzt auf und scannten die Umgebung. Man spürte förmlich den Stress, unter dem sie standen.
Plötzlich rannte das erste Gnu los. So schnell es konnte, sprintete es in großen Sätzen durch das Wasser, dem anderen Ufer entgegen. Das schien der Startschuss für die Tiere gewesen zu sein, denn nun gab es kein Halten mehr. Eines nach dem anderen preschte los und durchquerte den Fluss. Dabei blökten die Gnus laut und die Zebras schrieen aufgeregt. Das Ganze glich einer Massenpanik. Hin und wieder verlor ein Kalb in dem Chaos seine Mutter und lief hektisch hin und her, in der Hoffnung, sie wieder zu finden. Nicht immer gelang das, so dass man hier und da ein verwaistes Gnukalb oder Zebrafohlen laut schreiend herumstehen sah. Immerhin schienen die Krokodile diese Ecke des Flusses tatsächlich nicht zu favorisieren. Weit und breit konnten wir keines entdecken, und so kam es Gott sei dank auch zu keinem Kill. Irgendwann hatte die komplette Herde das Wasser durchquert und ganz langsam kehrte wieder Ruhe ein.
Leider stellten wir dann fest, dass die Zeit uns davon gelaufen war. Wir mussten unbedingt zurück zum Camp, um dort noch schnell Mittag zu essen und danach den Flieger zurück nach Mombasa zu nehmen. Auf der Rückfahrt sahen wir auf einer Sandbank im Fluss noch zahlreiche kleine und große Flusspferde, die dort offenbar schliefen. Dann hatten wir das Governors‘ Camp auch schon erreicht.
So gingen wunderbare Tage voller Impressionen vorüber.