Anreise von El Chaltén zum Torres Del Paine Nationalpark
Beim gemütlichen Frühstück sahen wir bereits aus dem Fenster eine Wetterverschlechterung. Der Fitz Roy war zugezogen und lange nicht mehr so pittoresk wie in den letzten Tagen. Wir hatten also alles richtig gemacht und die schönsten Tage für unseren Aufenthalt gewählt. Bevor wir die lange Fahrt zum Torres Del Paine Nationalpark antraten, stoppten wir noch an unserer Lieblings-Panaderia. Leider war die nette alte Dame der letzten Tage nicht da, und so musste ich meine frisch erworbenen Spanisch-Kenntnisse an einer neuen Verkäuferin austesten. Tatsächlich hat sich mich verstanden und wir sind mit einer großen Tüte voller Empanadas und Gebäck aus dem Laden marschiert.
Zunächst fuhren wir bis kurz vor El Calafate die gleiche Strecke wie auf dem Hinweg, vorbei am Lago Viedma und am Lago Argentino. Ganz unerwartet lief plötzlich ein kleines, dunkles Wesen vor uns über die Straße, und wir mussten scharf bremsen, um es passieren zu lassen. Erstaunt stellten wir fest, dass es sich um ein Stinktier handelte. So ein Tierchen hatten wir in freier Wildbahn auch noch nie gesehen.
Im weiteren Verlauf der Ruta 40 zeigte sich die Landschaft karg, und nur ganz vereinzelt begegneten uns scheue Guanacos. Wir kramten die selbst gezeichnete Straßenkarte des Mitarbeiters der Avis Verleihstation hervor, die bisher im Handschuhfach geschlummert hatte und nun zum Einsatz kommen sollte. Demnach sollten wir in Kürze die Ruta 40 aufgrund des schlechten Straßenzustands verlassen und in Richtung Esperanza auf einer Straße mit der Nummer 5 weiterfahren. Bis dato fuhren wir auf der sehr gut ausgebauten Asphaltstraße ohne irgendwelche Schlaglöcher und konnten uns auch nicht wirklich vorstellen, dass sich die Straßenqualität so dramatisch ändern würde.
Tatsächlich kamen wir wenig später zu der besagten Abzweigung. Dem Straßenschild nach zu urteilen war aber die asphaltierte Straße zum Örtchen Esperanza die Ruta 40 und die Schotterpiste, die nach Rio Turbio führt die ominöse Straße Nummer 5. Ohne groß zu zögern fuhren wir weiter auf der Asphaltstraße und ignorierten die Empfehlung, denn dabei konnte es sich eigentlich nur um eine Verwechslung handeln. Auch die runtergeladene Karte auf dem iPhone zeigte, dass die Hauptstrecke (Ruta 40) nach Esperanza führt. Zwar ist der Weg etwas länger als über die Schotterpiste aber wir kamen mit gemütlichen 120km/h gut voran.
Schließlich erreichten wir das Örtchen Esperanza. Dort gibt es eine Tankstelle, an der wir noch mal volltankten, denn die Möglichkeiten sind hier rar. Anschließend führte die Straße direkt nach Westen, und nach einigen Kilometern konnten wir das Andenmassiv am Horizont erkennen. Als letzte Siedlung vor der Grenze erreichten wir Tapi Aike, wo auch die Schotterpiste Nr. 5 wieder auf die Ruta 40 trifft. Hier gibt es auch eine Tankstelle. Diese sah allerdings sehr verwaist aus, und wir können nicht sagen, ob sie überhaupt noch in Betrieb ist.
Bis zur Grenze nach Chile war es nun nicht mehr weit, und wir waren froh, dass wir die Straßenkarte im iPhone hatten, denn sonst hätten wir die unscheinbare Abzweigung zum Torres Del Paine und zum Grenzposten Cerro Castillo womöglich verpasst. Hier verließ uns leider der bequeme Asphalt, und wir folgten fortan einer holprigen Schotterpiste, auf der wir nur gemächlich vorankamen. Nach einigen Kilometern -mitten im Nirgendwo – erreichten wir ein kleines Haus mit Schranke: den argentinischen Grenzposten. Hier mussten wir lediglich das Ausreiseformular ausfüllen und konnten dann zügig weiterfahren.
Den chilenischen Grenzposten erwarteten wir eigentlich direkt im Anschluss, aber bis wir den Ort Cerro Castillo und den Grenzübergang erreichten, mussten wir dann doch noch einige Kilometer zurücklegen. Hier füllten wir zunächst ein Einreiseformular aus und bekamen den Einreisestempel in unsere Pässe. Außerdem mussten wir die Fahrzeugpapiere und die Genehmigung des Autovermieters für die Fahrt nach Chile vorzeigen. Nach kurzer Prüfung wurde die Genehmigung abgestempelt und wir durften zum nächsten Schalter weiterziehen, wo wir ein Zollformular ausfüllen mussten. Nach Chile darf man unter anderem keine frischen Lebensmittel (z.B. Milch, Fleisch, Eier, Obst, Gemüse…), Saatgut oder Pflanzen einführen. Die Zollbeamten sehen das auch wirklich sehr streng und kontrollieren sowohl die Autos als auch alles Gepäck penibel per Scanner und/oder mit Hilfe eines speziell auf solche Produkte abgerichteten Hundes. Man fühlt sich unweigerlich an den Sicherheits-Check am Flughafen erinnert. Eine Beamtin begleitete uns zu unserem Auto und suchte u.a. im Handschuhfach und unter den Sitzen nach verbotenen Gütern. Anschließend mussten wir unser Gepäck ausladen und im Grenzgebäude scannen lassen. Da sowohl die Fahrzeugkontrolle als auch das Scannen unauffällig verliefen, konnten wir bald darauf weiterfahren.
Für Selbstversorger, die z.B. mit einem Camper unterwegs sind, kann diese Prozedur sehr ärgerlich verlaufen, denn alle frischen Lebensmittel müssen natürlich abgegeben werden, und hinter der Grenze gibt es keine Möglichkeit etwas nachzukaufen. Daher sollte man in diesem Fall alle „problematischen“ Lebensmittel vorab verzehren oder entsorgen und auf jeden Fall den Grenzübergang kurz vor Puerto Natales wählen. Klar ist das ein lästiger Umweg, aber in Puerto Natales hat man immerhin die Möglichkeit, seine Vorräte vor der Fahrt in den Torres del Paine Nationalpark wieder aufzustocken. Da wir nicht vorhatten uns selber zu versorgen, konnten wir uns den Umweg sparen und direkt in den Nationalpark fahren.
Für uns ging es nach der Einreise noch 70 km über schlaglochreiche Schotterpiste. Der Weg zog sich wie Kaugummi und war – von dem wenig ansprechenden Nieselwetter mal ganz abgesehen – kein landschaftliches Highlight. Mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h kamen wir nur sehr zäh voran, doch ein Reifenschaden stand nicht unbedingt auf unserer Wunschliste, und so fuhren wir lieber übervorsichtig. Unterwegs überholte uns mit hohem Tempo ein Jeep und ließ uns in einer Staubwolke zurück. Wenig später trafen wir ihn beim Reifenwechsel wieder, was uns nur bestätigte, dass man mit hoher Geschwindigkeit nicht unbedingt schneller ans Ziel kommt. Als wir am späten Nachmittag am Parkeingang vorbeifuhren und das letzte Stück runter ins Tal des Rio Serrano zu unserer Unterkunft holperten, waren wir sehr froh, die lange Fahrt endlich geschafft zu haben.
Wohnen
Die „Cabanas del Paine“ liegen direkt vor den Toren des Nationalparks am beschaulichen Rio Serrano mit Blick auf das Paine Massiv. Bei unserer Ankunft wurden wir an der Rezeption nett begrüßt und mit den Besonderheiten des Hotels vertraut gemacht.
In der näheren Umgebung gibt es noch einige andere Hotels bzw. Lodges, aber ansonsten ist hier nicht viel los, und man ist auf die Leistungen in der eigenen Unterkunft angewiesen. Daher nahmen wir gezwungenermaßen auch das Abendessen im hauseigenen Restaurant und das Angebot eines Lunchpaketes zu horrenden Preisen (20US$ pro Person) in Anspruch. Nur das Frühstück war im Zimmerpreis bereits inklusive.
Unser Zimmer befand sich zusammen mit drei weiteren Zimmern in einem großen Holzbungalow und war leider sehr hellhörig. Es verfügte über drei Einzelbetten und war ansonsten zweckmäßig eingerichtet, etwas abgewohnt und nicht sehr gründlich geputzt. Es gab leider keinen Kühlschrank, und auch ein Fernseher gehörte nicht zur Ausstattung (den hätten wir aber auch nicht gebraucht). Die Zimmer sind alle so ausgerichtet, dass man von der Sitzecke einen Blick auf das wunderschöne Paine-Massiv hat. Sehr praktisch, denn so konnte ich morgens direkt sehen, ob es einen schönen Sonnenaufgang gibt, für den es sich lohnt in die Klamotten zu springen und vor die Tür zu gehen. Das WLAN war auf dem Zimmer kaum zu gebrauchen. Um eine vernünftige Geschwindigkeit zu erreichen, kann man es sich in der Sofaecke im Rezeptionsbereich oder im angrenzenden Restaurant bequem machen und dabei einen (kostenlosen) Cappuccino schlürfen.
Etwas speziell ist die Toilettenspülung auf den Zimmern. Die hat nämlich so wenig Druck, dass man das Toilettenpapier aufgrund der Verstopfungsgefahr nicht ins Klo werfen darf, sondern in einen Eimer neben der Toilette stopfen muss. Das war zunächst ganz schön gewöhnungsbedürftig und klappte am Anfang nicht jedes Mal. Aber nach ein paar Tagen hatten wir uns daran gewöhnt.
Essen
Ein ausreichendes Frühstück in Buffetform gab es, zumindest laut Info an der Rezeption, ab 7 Uhr. Allerdings hat man es mit der Uhrzeit nicht so genau genommen. An einem Tag war noch alles dunkel als wir pünktlich um 7 Uhr eintrudelten, da wir eine längere Wanderung vorhatten. Wir dachten schon, wir hätten eine Zeitverschiebung verpasst, aber wie sich dann herausstellte, hatten die Jungs wohl verschlafen, so dass das Buffet erst gegen 7.30 Uhr halbwegs aufgebaut war. An einem anderen Tag stand das Buffet auch erst deutlich später bereit. Davon abgesehen wollen wir gar nicht meckern… es gab Toast, Wurst, Käse, Säfte, Joghurt, Müsli, Kuchen und Kekse, und am Kaffeeautomaten konnte man sich kostenfrei nach Herzenslust Kaffee und Cappuccino ziehen.
Zum Mittagessen konnte man entweder verschiedene kleine Gerichte im Hotelrestaurant bestellen oder am Vorabend ein Lunchpaket für stattliche 20 US-Dollar ordern. Dafür gab es dann ein großes Sandwich mit auswählbarem Belag, einen Schoko- und einen Müsliriegel, eine kleine Tüte Erdnüsse, ein Tetrapack Orangensaft, eine Flasche Wasser und einen lädierten Apfel. Den Preis fanden wir wirklich sehr übertrieben, aber mangels Alternative bestellten wir das Paket dennoch an zwei Tagen. An einem Tag aßen wir im Hotelrestaurant ein wirklich gutes, warmes Schinken-Käse-Sandwich und am letzten Tag waren wir mittags in Puerto Natales.
Zum Abendessen gab es an den Wochentagen ein hochpreisiges aber schmackhaftes Menü. Wir konnten aus drei verschiedenen Hauptspeisen (z.B. Lachsfilet mit gegrilltem Gemüse oder gefüllte Truthahnröllchen mit Bulgur…) und Nachtischen wählen, die wir dann nett angerichtet serviert bekamen. Außerdem gab es eine recht fade Suppe, einen Salatteller mit Essig & Öl und Brötchen mit Butter und einer Tomaten-Zwiebel-Mischung. An den Wochenendtagen (Fr-So) gab es ein reichhaltiges Buffet, das ebenfalls drei verschiedene Hauptspeisen und Nachtische sowie Suppe, Brötchen und Salat umfasste. Qualitativ war das Essen durchaus in Ordnung, der Preis (ca. 40 US Dollar pro Person) ist unserer Meinung nach aber nicht gerechtfertigt.
Unterwegs im Nationalpark
Unseren ersten Tag im Nationalpark wollten wir ruhig angehen lassen. Daher beschlossen wir, nur ein paar kleinere Wanderungen anzugehen und verschiedene Aussichtspunkte abzuklappern.
Zunächst bewunderten wir den Sonnenaufgang vom Gelände unseres Hotels. Die ständig wechselnde Lichtstimmung, die spektakulären Wolkengebilde, die in den tollsten Farben leuchten und dann auch noch diese genialen Berge sind ein absoluter Traum. Es versprach ein richtig schöner Tag zu werden. Was sind wir doch für Glückspilze!
Nach ca. 5 Minuten Fahrtzeit erreichten wir das Rangerhäuschen am Parkeingang, wo der Eintrittspreis zu entrichten ist. Dort mussten wir uns und unser Auto in eine Liste eintragen und 20 US Dollar pro Person bezahlen. Das Ticket, das man dafür erhält, gilt für 3 Tage und soll bei jeder Einfahrt in den Park einfach nur aus dem Fenster gehalten werden. Wir waren ziemlich erstaunt über diese ziemlich nachlässige Kontrolle. Vor unserer Weiterfahrt erhielten wir noch eine Karte mit den Straßen, Wanderrouten und einheimischen Tieren, die es im Park gibt.
Nun machten wir erstmals Bekanntschaft mit den üblen Schotterpisten im Park. Dagegen war die Piste außerhalb des Parks noch richtiger Luxus gewesen. Mit unserem kleinen Wagen kamen wir nicht schneller als mit 40 – 50 km/h voran und wurden dabei ordentlich durchgeschüttelt. Es kostete uns viel wertvolle Zeit, zu den Hauptattraktionen im Park zu gelangen, und wir waren zum ersten Mal ein bisschen traurig, dass wir nicht mit einem Camper unterwegs waren und z.B. am traumhaft schönen und zentral gelegenen Lago Pehoe übernachten konnten.
Unser erster Stopp galt dem Wasserfall „Salto Chico“, an dem sich unmittelbar die extrem teure Explora Lodge befindet. Wir parkten den Wagen auf dem Parkplatz der Lodge und fanden nach einigen Metern ein Hinweisschild zum Wasserfall. Ab hier gab es ein Netz aus Holzstegen, die hinunter zum See und im weiteren Verlauf auch zu dem kleinen Wasserfall führen.
Der Wasserfall an sich hat uns nicht so sehr beeindruckt, aber die ganze Kulisse mit dem Hotel, den Stegen, dem blau leuchtenden See und dem Paine-Massiv im Hintergrund war wunderschön.
Während der Weiterfahrt erreichten wir bald den türkisblauen Lago Pehoe. Auf einer Anhöhe nutzten wir die dort vorhandene Parkbucht für einen kurzen Fotostopp. Man kann dort einfach über die Straße gehen und hat eine wunderbare Aussicht auf den See und die sich auf einer vorgelagerten Insel befindende Hosteria Pehoe. Aber wir wollten noch höher hinaus und suchten den Startpunkt des Wanderweges zum Mirador Condor. Schließlich fanden wir in der Nähe des Campingplatzes einen Weg, der uns schnurstracks den Hang hinauf führte. Nach etwa 40 Minuten standen wir, etwas nach Luft ringend, oben auf dem Gipfel. Die Rundumsicht war grandios, und das sonnige Wetter mit den eilig dahinziehenden Wolkengebilden setzte der Szenerie noch das I-Tüpfelchen auf.
Dort oben am Mirador trafen wir auf ein deutsches Rentnerpaar, das sich gerade den Traum der Fahrt über die Panamericana erfüllte. Mit Ihrem Pickup-Camper waren die Beiden schon ein halbes Jahr in Südamerika unterwegs und wollten nun in aller Ruhe bis nach Alaska fahren. Etwas neidisch waren wir schon. So viel Zeit zum Reisen zu haben, ist für uns mit 30 Tagen Jahresurlaub Luxus pur.
Zahlreiche Fotos später begaben wir uns zurück auf den Weg zu unserem Auto. Der nächste Stopp galt dem Wasserfall „Salto Grande“, der nur wenige Kilometer entfernt liegt. Hier gibt es einen großzügigen Parkplatz, von dem es dann nur noch etwa 10 Gehminuten bis zum Wasserfall sind.
Dort angekommen suchten wir uns zunächst einen gemütlichen Fels in der Sonne und verspeisten unsere Sandwiches. Dabei genossen wir bei herrlich windstillen 15 Grad den Anblick des Wasserfalls, den als Highlight auch noch ein hübscher Regenbogen zierte. Was für ein wunderbares Fotomotiv. Nach unserer Mittagsmahlzeit und ein paar Fotos kraxelten wir etwas näher an den Wasserfall heran, um die Uferregion zu erkunden. Auch hier fanden wir ein paar tolle Fotopunkte, mussten dafür allerdings die Warnschilder ignorieren…
Vom Wasserfall führt der Wanderweg noch ein gutes Stück weiter bis zum Mirador Cuernos. Man passiert auf dem Weg dorthin einige wunderschöne Buchten mit türkisblauem Wasser. Nach etwa 45 Minuten erreichten wir den Aussichtpunkt, von dem man eine freie Sicht auf das pittoreske Paine-Massiv mit seinen auffälligen Cuernos (Hörnern) hat. Nur der Lago Nordenskjöld liegt noch dazwischen. Leider hatten wir am frühen Nachmittag ein heftiges Gegenlicht, so dass wir nach einer kurzen Pause den Rückweg antraten.
Wieder an unserem Hotel angelangt, genossen wir einen spektakulären Sonnenuntergang bevor wir uns den Bauch im Restaurant vollgeschlagen haben.
Wanderung zum Base de las Torres (18km Hin/Rück – 3:15 Std. pro Richtung)
Am nächsten Tag wollten wir die beliebte Wanderung zum Base de las Torres angehen. Wenn man nicht den sogenannten „W-Trek“ (dessen Name von der Form des Wanderweges herrührt und für den man satte 5 Tage benötigt) laufen möchte, ist diese eine der wenigen möglichen Tageswanderungen im Nationalpark.
Aufgrund des an diesem Morgen verspäteten Frühstücks saßen wir erst um kurz nach 8 Uhr im Auto. Das Wetter ließ uns nicht gerade in Begeisterungsstürme ausbrechen: Es war bewölkt und grau in grau, aber immerhin regnete es nicht. Für die ca. 50 km weite Strecke von unserer Unterkunft bis zum Startpunkt der Wanderung am Hotel Las Torres benötigten wir unglaubliche 1 Stunde und 40 Minuten. Unterwegs haben wir keinen längeren Fotostopp gemacht, aber die Schotterpistenqualität ließ, wie bereits erwähnt, kein schnelleres Fahren mit unserem Auto zu.
Gegen 10 Uhr erreichten wir endlich den Parkplatz am Hotel Las Torres und staunten nicht schlecht: Auf der Wiese vor dem Hotel waren Zelte, eine Tribüne und ein Zielportal aufgebaut. Laute Musik dröhnte aus Lautsprechern und Leute mit Startnummern auf der Brust liefen umher. Wir waren offenbar mitten in einen Berglauf hineingeraten.
Wir suchten den Startpunkt der Wanderung und hofften, dass die Laufstrecke nicht parallel verläuft, denn auf so viel Trubel hatten wir keine Lust. Zunächst liefen wir auf flacher Strecke am Hotel vorbei, bis wir nach dem Überqueren einer Hängebrücke den ersten langen Anstieg erreichten. Tatsächlich kamen uns auf diesem Teilstück einige Läufer entgegen, die in einem Affenzahn den Hügel runter rannten. Total wahnsinnig! Kurz danach führte unser Weg glücklicherweise in eine andere Richtung und wir waren ziemlich alleine auf der Wanderung.
Nachdem wir ca. eine Stunde kontinuierlich steil bergauf gewandert waren, ging es erst mal wieder eine ganze Weile bergab. Der Pfad verlief wunderschön am Hang entlang, und wir hatten einen tollen Blick über das ganze Tal. Am Ende dieses Abschnittes erreichten wir schließlich das Campamento Chileno. Hier kann man gemütlich eine Rast einlegen oder sogar sein Nachtlager aufschlagen. Interessanterweise ist es möglich, ab hier ein Pferd für den Rückweg zum Hotel zu leihen. Die Strecke ist schon zu Fuß recht anspruchsvoll, da kann ich mir einen Ritt auf dem Pferderücken kaum vorstellen.
Nachdem wir das Campamento links liegen gelassen hatten (wir hatten ja schließlich unser Lunchpaket dabei), führte uns der Weg in einer zermürbenden Art und Weise permanent auf und ab durch ein Waldgebiet. Kaum hatten wir ein schönes Stück bergauf geschafft und uns über die bewältigten Höhenmeter gefreut, da ging es auch schon wieder in gleicher Intensität bergab. Das war ziemlich frustrierend, zumal wir ja wussten, dass wir bis zu unserem Ziel insgesamt 1.000 Höhenmeter schaffen mussten. Gott sei Dank lugten immer mal wieder die Spitzen der Torres hinter den Bäumen empor und motivierten uns weiterzugehen. Schließlich erreichten wir das Campamento Torres. Wenn man das „W“ läuft ist dies ein idealer Ort zum Übernachten.
Ab hier wurde der Weg deutlich steiler und steiniger. Diese letzte Passage ist echt heftig, denn der von Stäben markierte Weg führt mitten durch ein aus groben Felsbrocken bestehendes Geröllfeld und scheint einfach kein Ende zu nehmen. Hier muss man noch mal alle seine Kräfte aktivieren und vor allem gut aufpassen, wohin man tritt.
Die Freude war riesig als wir endlich den Moränenkamm erreichten und einen ersten Blick auf den Gletschersee und die zum Greifen nahen Torres erhaschen konnten. Erschöpft aber glücklich suchten wir uns einen gemütlichen flachen Felsbrocken, auf dem wir uns zu einer ausgiebigen Pause mit Lunch niederließen. Grinsend beobachteten wir dabei andere Wanderer, die ebenfalls überglücklich die Lagune erreichten. Wettermäßig hatten wir im Großen und Ganzen viel Glück. Zwar bescherte uns der Wettergott leider keinen strahlend blauen Himmel und Sonne, aber zumindest war es trocken und die Torres waren frei von Nebel. Die Temperatur lag um die 12 Grad, was wir zum Wandern als sehr angenehm empfanden.
Als wir uns die Bäuche vollgeschlagen und jede Menge Fotos im Kasten hatten, starteten wir den ungeliebten Rückweg. Bei einem letzten Blick zum See stellten wir fest, dass nun doch erste Nebelschwaden heran zogen. Die Spitzen der Torres befanden sich auf einmal in einem mystischen Schleier und der Himmel wurde immer grauer. Doch, nun war es wirklich Zeit zu gehen! Den Geröllhang hinunter gelangten wir ohne große Schwierigkeiten, aber das darauf folgende fiese Auf und Ab durch den Wald zehrte extrem an unseren Kräften.
Beim Campamento Chileno waren keine Pferde für einen Weitertransport unserer müden Knochen ins Tal mehr da. Also war Durchhalten angesagt. Direkt hinter dem Campamento kreuzten wir den Fluss über eine Holzbrücke und erreichten nun die hübsche Passage entlang des offenen Tales. Hübsch war sie zweifellos immer noch, nur verlief der Weg dieses Mal natürlich bergauf… und das über viele 100 Meter. Das war noch mal eine ordentliche Herausforderung. Irgendwann hatten wir aber auch dieses Teilstück hinter uns, und dann ging es nur noch bergab bzw. zum Schluss flach geradeaus bis zum Hotel Las Torres.
Wir waren sehr froh, wieder am Auto zu sein und fuhren den langen Weg zurück zu unserer Unterkunft. Auf dem Weg legten wir noch ein paar Stopps ein, um die fotogen in Straßennähe herumstehenden Guanacos zu fotografieren. Zu unserer großen Freude waren die Tierchen hier anscheinend viel weniger scheu und schauten uns interessiert an.
Ausreiten mit den Pferden der Pampa Lodge
Nach der gestrigen langen Wanderung schrien unsere Füße förmlich nach einer Wanderpause. So erkundigten wir uns in unserem Hotel nach der Möglichkeit eines Reitausflugs. Die freundliche Dame vom Tourenschalter rief kurzerhand bei der benachbarten Pampa Lodge an, zu der auch ein Reitstall gehört und organisierte für uns einen 3-stündigen Ausritt am frühen Nachmittag. Wir waren begeistert, dass das so kurzfristig klappte und hofften nun sehr auf eine baldige Wetterbesserung. Seit dem Morgen regnete es nämlich fast ununterbrochen und der berühmt-berüchtigte patagonische Wind hatte uns ebenfalls heimgesucht.
Den Vormittag verbrachten wir größtenteils Cappuccino trinkend mit unseren Laptops in der Sitzecke des Restaurants und nutzten die freie Zeit zum Bearbeiten unserer Fotos bzw. zum surfen. Pünktlich zum Mittag ließ der Regen endlich nach und der Himmel riss auf. Nach einem leckeren Schinken-Käse-Sandwich als Zwischenmahlzeit brachte uns ein Mitarbeiter unseres Hotels per Jeep zur Pampa Lodge, wo uns bereits ein Gaucho mit zwei gesattelten Pferden erwartete. Bevor wir aber über ein Holztreppchen auf die Pferde klettern durften, bekamen wir Chaps und Reithelme überreicht und mussten eine Verzichtserklärung unterschreiben. Leider sprach unser Gaucho nur wenige Worte Englisch, was die Kommunikation etwas erschwerte. Genial war allerdings, dass wir nicht wie beim letzten Mal in einer großen Gruppe, sondern ganz allein mit dem Gaucho ausreiten konnten.
Unsere beiden Pferde, ein Schimmel namens Recuardo und ein Brauner namens Yoggi, sahen top gepflegt und gut bemuskelt aus und machten außerdem einen ruhigen und verlässlichen Eindruck. Für mich als Anfänger war das schon mal sehr beruhigend.
Das gute Gefühl bestätigte sich, als wir im gemütlichen Schritttempo am Ufer des Rio Serrano entlang ritten. Begleitet wurden wir von zwei Hütehunden, die voller Freude umher rannten und darauf achteten, dass unsere kleine Gruppe zusammen blieb.
Bei einer kurzen Pause zum Nachziehen der Gurte bewunderten wir wieder einmal den genialen Ausblick auf das gigantische Paine-Bergmassiv. Auf einer etwas offeneren Fläche, testeten wir einen kleinen Trab aus. Die Pferde erwachten sofort aus ihrer Lethargie und zockelten bereitwillig in einem flotten Tempo los. Es war allerdings gar nicht so einfach, in den ungewohnten Sätteln vernünftig zu sitzen, und so hopsten wir fröhlich auf und nieder und lachten uns dabei kringelig. Schließlich ritten wir durch ein Waldstück und dann durch eine Art Sumpfgebiet. Willig marschierten unsere Pferde durch den tiefen Schlamm; man spürte förmlich, wie ihre Muskeln dabei arbeiteten. Aber da die Tiere offensichtlich gut trainiert waren, kamen sie nicht mal ins Schnauben und schritten zielstrebig immer weiter.
Als ob das nicht schon aufregend genug gewesen wäre, steuerte unser Gaucho unbeirrt einen steilen Hügel an, den hinauf ein schmaler Pfad führte. In Serpentinen ging es aufwärts in schwindelerregende Höhe bis zu einem wunderbaren Aussichtspunkt. Die Pferde trugen uns trittsicher und konditionsstark, kamen so langsam aber ins Schwitzen. So stiegen wir am Gipfel des Hügels ab, gönnten den Tieren eine kleine Verschnauf- und Fresspause und genossen den herrlichen Blick auf die Berge. Wir konnten sogar einen Kondor beobachten, der am Himmel seine Kreise zog.
Der anschließende Ritt bergab war für mich ein bisschen anstrengend, denn das Pferd unseres Gauchos war noch sehr jung, tänzelte aufgeregt herum oder blieb plötzlich stehen. Zwar ließen sich unsere Pferde davon nicht beeindrucken, aber mein Schimmel hatte es bergab etwas eiliger als die anderen und hing dem Pferd des Gauchos zum Teil mit der Nase im Schweif. Es wollte sich partout nicht ausbremsen lassen, schnaubte unruhig und setzte sich fast auf die Hinterbacken. Nach kurzer Diskussion hatte sich das aber schnell erledigt, und der Rest der Strecke war nach dieser Aufregung kein Problem mehr. Im gemütlichen Schritt ritten wir zurück zum Stall.
Dort verabschiedeten wir uns vom Gaucho und den Pferden und liefen die wenigen hundert Meter zurück zu unserem Hotel.
Fazit: Uns hat dieser Ausflug deutlich besser gefallen als der in EL Chaltén. Das lag zum einen an den gut trainierten, braven Pferden, die alles willig mitmachten, zum größten Teil aber natürlich an der Tatsache, dass wir hier nicht in einer großen Gruppe unterwegs waren und den Ritt noch viel mehr genießen konnten.
Zurück nach El Calafate und weiter nach Buenos Aires
Nach drei Tagen im Torres del Paine Nationalpark war der Tank unseres Autos fast leer, und wir waren uns unsicher, wie weit wir es damit noch schaffen würden. Daher haben wir an unserem letzten Tag in dieser Gegend noch einen kurzen Abstecher nach Puerto Natales gemacht und dort getankt. So konnten wir am Abreisetag ganz beruhigt die lange Rückfahrt nach El Calafate antreten. Wettermäßig sah es diesem Morgen gar nicht gut aus: das komplette Bergmassiv lag unter einer dicken, fetten Wolkendecke. Keine Spur von den Cuernos und Torres. So fiel uns der Abschied etwas leichter, als wir uns auf den Weg zum Grenzposten in Cerro Castillo machten.
An der Grenze war gut was los, denn ein Reisebus wartete auf die Abfertigung. Heute konnten wir sogar einen Suchhund bei seiner Arbeit beobachten. Der schnüffelte eine ganze Reihe von Gepäckstücken ab und scharrte schließlich aufgeregt an einem Rucksack. Der Grenzbeamte förderte einen Apfel zutage und ermahnte die eingeschüchterte Besitzerin. Die nehmen das echt ernst mit den Lebensmitteln, die man nicht nach Chile einführen darf. Da wird keine Ausnahme gemacht.
Während wir noch auf unseren Ausreisestempel warteten, wurden wir von dem Busfahrer angesprochen. Einer seiner Passagiere hatte einen ungültigen Pass und durfte nicht nach Chile einreisen. Er bat uns, den jungen Mann zum argentinischen Grenzposten mitzunehmen. Wir erklärten uns einverstanden, da es bis dorthin ja nur ein paar Kilometer sind. An der argentinischen Grenze durfte er dann allerdings auch nicht bleiben, so nahmen wir ihn bis zum Örtchen Esperanza mit, wo wir noch mal tankten und uns von ihm verabschiedeten. Er wollte auf den nächsten Fernreisebus warten. Wir fuhren weiter nach El Calafate, wo wir die Nacht noch einmal im La Cantera Hotel verbrachten.
Am nächsten Morgen fuhren wir gemütlich zum Flughafen, gaben ohne Probleme unseren treuen Wagen ab und flogen zurück nach Buenos Aires.
Hallo Nadine, Hallo Frank!
Euer Bericht über den T d. P. war wirklich extrem hilfreich und hat mich gerettet, nachdem ich bei meiner Recherche fast verzweifelt bin. Wir starten in 3 Wochen richtung Chile und haben im Torres del Paine aus verschiedenen Günden nicht so viel Zeit eingeplant (3Tage). Könnt ihr mir sagen ob ihr einen guten Reiseführer/Wanderführer hattet, der ggf. auch Tagestouren beinhaltet. Wir werden (wie Ihr) mit einem Mietwagen unterwegs sein und können so bestimmte Startpunkte im Park anfahren. Wir werden auch am Rio Serrano übernachten und hatten gehoft von dort mit dem Auto zum Refugio Grey fahren zu können um von dort eine Tagestour zu starten. Könnt ihr mir sagen, ob das so möglich ist und wie der Eingang in den Park heißt den man hierfür am besten nutzt ? Die Infos für Tagetouren sind leider überall so spärlich, dass ich mich freuen würde, wenn ihr mir weiterhelfen könnt.
Hallo Helen,
freut uns sehr, dass dir unser Artikel über den Torres del Paine NP geholfen hat. Wir haben damals auch kaum Informationen im Internet gefunden, obwohl diese Region doch so ein beliebtes Trekking-Ziel ist.
Bei unserer Reise hatten wir keinen expliziten Wanderführer dabei. Wir haben den Baedeker-Reiseführer Argentinien genutzt, der aber nur wenig über die möglichen Tageswanderungen beinhaltet. Am Eingangstor zum Nationalpark haben wir aber eine gute Karte von TrekkingChile mit eingezeichneten Wegen bekommen. Damit und einer Karte auf dem Smartphone sind wir prima zurecht gekommen.
Von unserem Hotel am Rio Serrano konnten wir das Eingangstor locker in 10 Minuten erreichen und alle Punkte im Park erkunden. Problematisch sind nur die Straßenverhältnisse, die mit einem Kleinwagen ziemlich anstrengend werden können.
Das Refugio Grey kann leider nicht direkt mit dem Auto erreicht werden. Um dort hinzukommen musst du vom Hotel Lago Grey mit dem Boot übersetzen. Das haben wir nicht gemacht, sollte aber kein Problem sein. Das Hotel ist gut zu erreichen und das Fährboot legt regelmäßig ab.
Wir können die Wanderungen zum Mirador Condor, Mirador Las Torres, Mirador Cuernos und dem Mirador Salto Grande auch sehr empfehlen. Damit kann man die drei Tage locker füllen.
Viel Spaß bei eurer weiteren Planung und bei weiteren Fragen, melde dich einfach noch einmal.
Super Blog. Ich bin sehr dankbar für eure detaillierte Darstellung, da man im Netz nur schwer solch genaue Angaben findet. Fahre Ende März auch nach El Calafate und habe nur fünf Tage für El Chalten, Perito Moreno und Torres del Paine. Dank eures Blogs weiß ich jetzt dass ich es durchaus schaffen kann mir diese Highlights anzusehen auch wenn es zwischenzeitlich durch das Gefahre stressig wird. Nun muss nur noch das Wetter mitspielen!
Hey Nico,
wir hatten bei unserer Reiseplanung auch Probleme geeignete Informationen über die Regionen zu finden. Daher freut es uns umso mehr, dass wir Dir bei Deiner Planung nun mit unseren Erfahrungen helfen konnten.
Klar kann man die Highlights auch in einem straffen Terminplan schaffen. Als Naturliebhaber wird Dir Patagonien sicherlich gefallen. Wir drücken Dir die Daumen, dass die Wetterlage mitspielt.
Wahnsinn! Was für wunderschöne Bilder, was für fantastische Landschaften! Unglaublich schön und in mir wächst wieder der Wunsch endlich endlich auch mal Patagonien zu sehen! Wenn es bei uns konkreter wird werden wir bei euch auf jeden Fall wieder vorbei schauen. Danke für die super informativen Reiseberichte hier bei euch!
Wow mega toll!!!! Habe gerade euren Blog entdeckt. Finde es super wie ausführlich ihr schreibt! So einen Blog habe ich schon lange gesucht. Wird uns auf unserer Reise bestimmt sehr hilfreich sein. Herzlichen Dank
Hallo Sandra, freut uns sehr, dass wir Euch mit dem Bericht helfen konnten. Mit Patagonien habt Ihr Euch eine tolle Reiseregion ausgesucht. Wir sind sehr gespannt, wie es Euch dort gefällt.