Da die Temperaturen nahezu unverändert waren, hatten wir natürlich etwas Sorge, dass die Huskyschlittenfahrt auch heute wieder abgesagt wird. Aber die befürchtete SMS vom Safariveranstalter blieb aus, und so liefen wir voller Vorfreude gegen halb zehn zur Touristen Information, dem angegebenen Treffpunkt. Auf dem Weg dorthin kamen wir wieder an der Temperaturanzeige des Souvenirladens vorbei, die heute lediglich auf -32 Grad kam. Etwas wärmer war es also schon geworden. Spüren konnte man das allerdings kaum.
An der Touristen Information erkundigten wir uns vorsichtshalber, ob die Tour auch wirklich stattfindet. Dies war glücklicherweise der Fall. Beruhigt warteten wir auf den Bus, der wieder mal sehr pünktlich eintraf. Es war ein deutlich kleinerer Bus als die letzten zwei Male, und insgesamt waren wir auch nur 13 Tourteilnehmer. Das war ja noch recht übersichtlich. Gegen 10 Uhr war Abfahrt und eine Viertelstunde später erreichten wir bereits die Husky-Farm. Kaum öffnete der Busfahrer die Tür, damit wir aussteigen konnten, da ertönte auch schon ohrenbetäubendes Gebell und Geheul. Die Hunde, die bereits vor den Schlitten auf uns warteten, wussten ganz genau, dass es gleich losgeht und sie endlich laufen dürfen.
Empfangen wurden wir von einer Hundeführerin (Mucherin), die uns zunächst in eine urige, dunkle Holzhütte führte, in deren Mitte ein wärmendes Feuer prasselte. Wir bekamen wärmende Overalls, Thermostiefel, Socken und Handschuhe zugeteilt, die wir uns anzogen. Dann ging es wieder hinaus, zu einer kleinen Einweisung in den Job des Muchers. An einem Schlitten zeigte die Dame uns, wie der Hundeführer hinten auf den Kufen des Schlittens zu stehen hat, wie er sein Gewicht in den Kurven verlagern soll und wie er den Schlitten bremst. Ganz wichtig war ihr, dass der Fahrer sich stets mit mindestens einer Hand festhält. Die Person, die vorn auf dem Schlitten sitzt, hatte lediglich die Aufgabe, Signale von der Spitze nach hinten weiterzugeben… sie sollte z.B. mit dem Arm schwenken, wenn gebremst wird. Ein verhältnismäßig leichter Job.
Schließlich war es soweit: Wir gingen vorbei an den Zwingern zu den bereitstehenden Schlitten, vor denen jeweils 6 Huskys auf den Startschuss warteten. Sie bellten, heulten und sprangen wie verrückt herum. Ihre Freude aufs Laufen war unübersehbar. Immer zu zweit bekamen wir ein Hundeteam zugewiesen. Zu unserem 6er Hundeteam gehörten ein sibirischer Husky und fünf Alaskan Huskys. Alles muntere, gut gepflegte Tiere, die einen sehr motivierten, lauffreudigen Eindruck machten. Quirlig sprangen sie herum und schauten sich immer wieder erwartungsvoll nach uns um. Nachdem wir in zwei Gruppen mit jeweils einem Guide eingeteilt worden waren, durften wir endlich drauf auf die Schlitten. Ich überließ Frank die Rolle des Muchers und hockte mich gemütlich auf den Schlitten. Mit dicken Decken wurde ich so eingewickelt, dass ich kaum noch meine Arme befreien konnte. Das ging ja mal gar nicht, da ich natürlich alles filmen wollte. Also strampelte ich mich irgendwie frei und machte die Film- und Fotoausrüstung startklar. Frank stellte sich hinten auf die Kufen und machte sich bereit.
Kurz darauf ging es auch schon los. Unser Guide fuhr mit seinem Hundeteam voraus, dann folgten zwei andere Schlitten. Unser Team wurde als letztes der Gruppe losgebunden. Die zwei windschnittigen, schwarzen Zughunde, die hinten liefen, sprangen voller Freude in die Luft, brachten den Schlitten in Gang und dann raste auch schon das ganze Hundeteam los. Die Tiere waren voll überschäumender Energie und richtig rasant unterwegs. Frank war völlig überrascht, denn bei unserer Hundeschlittenfahrt in Kanada waren die Hunde eher gemütlich unterwegs gewesen. Hier war alles komplett anders, was schon damit anfing, dass wir zwei das Hundeteam ganz allein fahren durften. Das war Abenteuer und Action pur! Unsere Jungs rannten, als ginge es um ihr Leben, und der Schlitten sauste in einem irren Tempo über die Piste, vorbei an einer märchenhaften Winterlandschaft. Leider war der Himmel heute sehr bedeckt. Zu Beginn der Fahrt zeigte sich noch hin und wieder die Sonne und zauberte ein tolles Licht, doch später zog es komplett zu und es begann sogar ein bisschen zu schneien. Ruckzuck hatten wir zu dem vor uns fahrenden, etwas langsameren Schlitten aufgeschlossen, und Frank musste erstmals die Bremse betätigen. Die Hunde schauten sich sofort fragend zu uns um. Sie verstanden gar nicht, was das sollte.
So fuhren wir Kilometer um Kilometer durch den verschneiten Wald und genossen die Geschwindigkeit und die Ruhe, die nur vom Gleiten des Schlittens, dem Hecheln der Hunde und ihren galoppierenden Pfoten durchbrochen wurde. Eine kritische Situation gab es, als wir über eine vereiste Stelle fuhren. Hier geriet der Schlitten ins Rutschen und kam am linken Pistenrand aus der Bahn. Frank wurde von den Kufen katapultiert, so dass er ein paar Meter hinterher rennen musste. Plötzlich stand der Schlitten nur noch auf der rechten Kufe und drohte umzukippen. Ich schrie erschrocken auf und sah mich schon auf dem Boden liegen, doch da überlegte unser Gefährt es sich anders und kippte zurück. Frank gelang es, wieder aufzuspringen und schon ging die muntere Fahrt weiter.
Etwas später passierten wir erneut eine spiegelglatte Eisplatte. Hier passierte den beiden in dem Schlitten vor uns genau das, was wir gerade noch hatten vermeiden können. Sie kamen aus der Spur, kippten zur Seite und fielen mit dem Schlitten um, während ihre eifrigen Hunde munter weiterliefen. Da wir immer recht nah an unseren Vorderleuten dran waren, konnten wir unsere Hunde noch gerade so eben bremsen. Schnell war unser Guide zur Stelle, hielt die Hunde auf und brachte wieder Ordnung in das Durcheinander. Passiert war gottseidank nichts, und das Pärchen befand sich ein paar Minuten später schon wieder auf seinem Schlitten, so dass es zügig weitergehen konnte.
Während der kurzen Pause waren unsere Hunde unruhig geworden. Zwei von Ihnen hatten den Platz getauscht. Der rechte Hund war nun links und der linke rechts. Die Leinen hatten sich dementsprechend verheddert und behinderten einen der Hunde beim Laufen. So hielten wir lieber nochmal an und erkundigten uns beim Guide der hinter uns fahrenden Gruppe, was wir tun sollen. „Einfach weiterfahren!“ war die Antwort. „Die sortieren sich schon von ganz allein.“ Also befolgten wir den Rat und fuhren weiter. Tatsächlich sprang einer der Hunde während der Fahrt auf seinen angestammten Platz zurück, und alles war gut. Durch die Verzögerung hatten wir allerdings den Anschluss an unsere Gruppe verloren. Vor uns war weit und breit niemand mehr zu sehen. Frank kam das ganz gelegen, denn so konnte er die Hunde ohne zu bremsen einfach mal frei laufen lassen. Diese genossen das sichtlich und gaben volles Tempo.
Als wir auch nach mehreren Minuten nicht zu unserer Gruppe aufgeschlossen hatten, wunderten wir uns ein bisschen. Wo waren die nur? So lange der Weg nur geradeaus verlief, konnten wir ja eigentlich nichts falsch machen. Oder etwa doch? Zumindest war uns keine Abzweigung aufgefallen. Kurz darauf kamen wir dann aber doch zu einer Weggabelung. Ich hätte mich hier intuitiv links gehalten, aber unser Leithund wollte ganz entschieden nach rechts, und ehe wir es uns versahen, war unser Team bereits abgebogen. Ich rief Frank zu, dass er anhalten soll, denn ich hatte keine Lust, auch noch die Gruppe hinter uns zu verlieren. Er trat also die Bremse und wir kamen zum Stehen. Unseren Hunden gefiel das gar nicht. Sie waren unruhig, sprangen rum und bellten aufgeregt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit schloss die andere Gruppe endlich zu uns auf. Frank sah das als Bestätigung an, dass alles seine Richtigkeit hatte und ließ die Hunde weiterlaufen. Nach nur wenigen Metern erreichten wir plötzlich die Husky Farm. Von unserer Gruppe keine Spur. Da schien wohl doch was schiefgelaufen zu sein.
Eine verdutzte Mitarbeiterin kam uns entgegen gelaufen und verstand gar nicht, warum wir allein zurückgekommen waren. Sie holte erstmal die Chefin herbei. Während wir noch erklärten, warum wir unsere Gruppe verloren hatten und allein gefahren waren, traf die zweite Gruppe auf dem Hof ein. Die Gruppenleiterin war uns gefolgt, als sie gesehen hatte, dass wir falsch abgebogen waren. Es stellte sich heraus, dass unser Leithund, ein Rüde, auf der Farm eine läufige Hündin hatte und sich daher wohl für den direkten Heimweg entschieden hatte. Das konnten wir natürlich nicht wissen. Da unsere Runde durch diesen Fauxpas recht kurz ausgefallen war, schnappte sich die Chefin kurzentschlossen einen Schlitten und fuhr mit uns und der Gruppe hinter uns noch eine schöne Runde. Vorher tauschte sie vorsichtshalber unseren Leithund gegen einen anderen Hund aus. Den testosterongesteuerten Rüden übernahm sie selber. Tatsächlich konnten wir unterwegs an zwei Weggabelungen beobachten, wie der verrückte Kerl erneut versuchte, eine andere Richtung als erwünscht einzuschlagen. Die Chefin bremste ihr Team an diesen Stellen aus und dirigierte den Hund mit Kommandos. Ansonsten verlief die zweite Runde ohne weitere Vorkommnisse und machte uns nochmal richtig viel Spaß.
Zurück auf der Farm zogen wir uns in der urigen Holzhütte um und wärmten uns am offenen Feuer auf. Zur Stärkung gab es leckere, gegrillte Würstchen und heißen Saft. Derweil hatten wir die Gelegenheit, alle unsere Fragen zu den Huskys und dem Alltag der Mucher zu stellen.
Am späten Mittag waren wir zurück in Levi und beschlossen, den Resttag für einen Spaziergang zu nutzen. An der Gondelstation kauften wir ein Ticket und fuhren mit der Pendelgondel hoch zum oberhalb von Levi gelegenen Hotel Panorama. Man kann das Hotel auch zu Fuß über eine durch den Wald führende Holztreppe oder per Auto erreichen. Wenn man wie wir ohne Auto unterwegs ist, ist die Gondel auf jeden Fall die bequemste Alternative.
Oben angekommen umrundeten wir das Hotel und wanderten am Straßenrand entlang der schneebedeckten Bäume einen Hügel hinauf. Unser Ziel war die Skihütte Horizont, die sich etwas oberhalb des Hotels befindet. Mal wieder verfärbte sich der Himmel zartrosa, orange und lila und ließ die Landschaft wunderschön erstrahlen. Dieses Licht, in Kombination mit den verschneiten Bäumen, ist etwas, woran wir uns niemals sattsehen könnten.
Als wir die Hütte erreichten, kehrten wir dort ein und genossen unseren letzten Kakao mit Minttu, während wir durch das große Panoramafenster die vorbeifahrenden Skiläufer beobachteten. Nun war es also soweit und der Abschied war nicht mehr fern.
Langsam dämmerte es, und wir machten uns gemächlich auf den Rückweg zur Gondelstation, von wo aus wir wieder ins Tal fuhren.
Am Abend besuchten wir den nahe gelegenen Colorado Grill. Hier gibt es in erster Linie typisch amerikanische Speisen, wie Burger, Pulled Pork, Rippchen u.ä.
Wir teilten uns einen Vorspeisenteller mit Rippchen und Chicken Wings und hatten anschließend noch Burger mit Pulled Pork. Für einen Nachtisch blieb leider kein Platz mehr. Von Qualität und Menge waren wir absolut zufrieden, doch die Preise waren wirklich gesalzen. Da kommt man im vergleichbaren Rock Café deutlich günstiger weg.
Zu Hause nutzen wir ein letztes Mal die lieb gewonnene Sauna und fielen danach müde ins Bett.