Dienstag, 17.5.2016 – Cinqueterre
Um 6.50 Uhr schafften wir es heute aus den Federn. Wir hatten vor, die 13 km lange Wanderung von Riomaggiore nach Portovenere zu machen und anschließend mit dem Schiff zurückzufahren.
Zunächst gab es aber ein ordentliches Frühstück als gute Grundlage für die anstrengende Tour. Gestärkt und voller Unternehmungslust marschierten wir gegen 8 Uhr zum Bahnhof und kauften uns dort erneut die Cinqueterre Card. Anschließend besorgten wir uns in einem Bahnhofsladen noch zwei Flaschen Mineralwasser, lösten unsere Tickets und machten uns auf den Weg zum Gleis. Der Zug sollte um 8.35 Uhr abfahren. Als wir gegen 8.25 Uhr auf den Bahnsteig traten, stand dort bereits ein Zug. Wir waren uns etwas unsicher, ob das nun schon der Richtige ist, stiegen dann aber ein und beschlossen, erstmal abzuwarten. Als der Zug schließlich ein lautes Tuten von sich gab, schaute ich vorsichtshalber noch einmal auf die Uhr. Genau 8.35 Uhr. Passt! In dem Moment setzte Franks sich hektisch in Bewegung und sprang raus aus dem Zug. Etwas überrascht sprang ich ihm rasch hinterher, und schwupps schlossen auch schon die Türen. Ich schaute stirnrunzelnd nochmal auf die Uhr. Immer noch 8.35 Uhr. Ganz klar war das unser Zug! „Was soll das denn?“ schnauzte ich Frank an. „Warum springst du denn einfach raus aus dem Zug? Den hätten wir nehmen müssen! Ist doch genau 8.35 Uhr.“ Perplex schaute Frank auf meine Uhr. Er hatte wohl schon vorher einen Blick darauf geworfen, aber da er die Zeiger auf dem Kopf stehend gesehen hatte, war es für ihn nicht 5 nach halb, sondern 5 vor halb und damit 10 Minuten zu früh. Diese Erkenntnis half uns nun aber auch nicht, da die Zugtür sich nicht mehr öffnen ließ und der Zug losrollte. Ich war ganz schön sauer.
Bei einem Blick auf den Fahrplan stellte sich dann allerdings heraus, dass wir Glück im Unglück hatten: Um 8.40 Uhr sollte bereits der nächste Zug kommen, und da dieser keinen Zwischenstopp in Vernazza, Corniglia und Manarola einlegte, wären wir im Endeffekt sogar früher in Riomaggiore als der 8.35 Uhr Zug.
Dieses Mal klappte alles reibungslos. Knapp 20 Minuten später verließen wir am Bahnhof von Riomaggiore den Zug. Nach einem kurzen Abstecher zum Hafen spazierten wir die zu dieser frühen Stunde noch recht ruhige Geschäftsstraße Via Colombo hinauf durch die Altstadt. Im Coop erstanden wir als Wegzehrung eine Tüte mit knusprigen Grissini-Stangen, dann fokussierten wir uns darauf, den Startpunkt des Wanderweges zu finden.
Irgendwann passierten wir eine Schranke, die dafür sorgt, dass nur PKWs, die eine Erlaubnis haben, in den Ort hineinfahren. Kurz darauf überquerten wir einen kleinen Kreisverkehr und marschierten geradeaus, an der Touristeninformation vorbei, in die Sackgasse, an deren Ende der Wanderweg als schmaler, asphaltierter Pfad beginnt. Ein Schild weist hier in Richtung Wallfahrtskirche „Madonna di Montenero“. Der erste Teil des Weges führte uns steil über Treppen bergauf, vorbei an Weinstöcken, Winzerhütten und einsamen Häuschen. Uns wurde hier einiges an Kondition abverlangt, doch je höher wir kamen, desto spektakulärer wurde auch die Aussicht auf die Küste. Nach einiger Zeit kreuzten wir die Straße (SP370/Strada Provinciale delle Cinque Terre). Danach ging es zügig hinauf zur Wallfahrtskirche. Hier konnten wir, nach ca. 350 überwundenen Höhenmetern, erstmal ein bisschen verschnaufen und den herrlichen Panoramablick über die Cinqueterre genießen.
Weiter führte uns ein schmaler Eselpfad zunächst durch ein Waldstück und dann, sehr aussichtsreich, am Hang oberhalb der Küste entlang. Die Vegetation war unglaublich üppig, und überall blühte es in leuchtenden Farben. Dieser Teilabschnitt der Wanderung hat uns wirklich sehr gut gefallen und war auch nicht so kraftzehrend. Nach einer Weile erreichten wir „Colle del Telegrafo“, die erste Einkehrmöglichkeit direkt am Wanderweg. Diese ließen wir links liegen und folgten dem Weg Nr. 1 ein Stück an einer Asphaltstraße entlang. Kurz darauf gelangten wir in ein weitläufiges Waldgebiet, das wir über einen Trimm-Dich-Pfad durchwanderten. Diese Etappe war zwar sehr einfach zu meistern, zog sich aber mangels schöner Aussicht wie Kaugummi in die Länge. Als wir endlich aus dem Wald traten und das verschlafene Bergdörfchen Campiglia erblickten, waren wir ziemlich erleichtert. Hier gibt es diverse Einkehrmöglichkeiten, aber da wir ja recht gut versorgt waren, durchquerten wir den Ort lediglich und freuten uns über die schöne Aussicht auf den Golf von La Spezia. In der Ferne erblickten wir sogar ein AIDA Schiff, und als ich es mit der Videokamera näher ranzoomte, erkannte ich die AIDAstella.
Wir folgten nun der Ausschilderung nach Portovenere. Abwechselnd ging es ein Stück an der Straße entlang und dann wieder durch Wald. Schließlich gelangten wir an die schroffe Steilküste und somit auch zum anspruchsvollsten Teil der Wanderung. Der Weg ist hier sehr schmal und steinig/felsig, so dass man hin und wieder auch die Hände zum Klettern benutzen muss. Überwiegend ging es nun stetig bergab, und wir mussten sehr aufpassen, wohin wir treten, um nicht abzurutschen oder umzuknicken. Gar nicht so einfach, sich nur auf den Weg zu konzentrieren, wenn vor einem so ein herrliches Küstenpanorama liegt.
Kurz vor Portovenere ging es nochmal ein kurzes Stück bergauf. Dann folgten etwa 30 Minuten steiler Abstieg, zum Teil über loses Geröll. Währenddessen hatten wir stets die schmucke, über dem Ort thronende Festung vor Augen. Uns schmerzten langsam aber sicher die Knie, und wir rutschten immer wieder auf dem Schotter weg. Aber wir schafften es, sturzfrei im Hafen von Portovenere anzukommen. 4 ½ Stunden hatten wir, ohne größere Pausen, für die Wanderung benötigt. Es war nun gerade mal kurz nach zwei Uhr, und wir hatten uns vollkommen umsonst Sorgen gemacht, dass wir das letzte Boot zurück nach Riomaggiore nicht bekommen könnten. Dieses fuhr nämlich erst um 17 Uhr ab.
Ziemlich erschöpft trotteten wir die letzten paar Schritte zum Bootsanleger und kauften uns Tickets für die Abfahrt um 14.50 Uhr. Immerhin hatten wir dann noch genug Energie, um eine kleine Runde entlang der Restaurants und Geschäfte am Hafen zu laufen und nach einer Gelateria Ausschau zu halten. Nach etwas Sucherei wurden wir fündig, doch das Eis schmeckte leider nur sehr mittelmäßig.
Zurück am Bootsanleger ging es wenig später auch schon im Gänsemarsch an Bord der Fähre. Es war ordentlich was los. Auf dem Außendeck fanden wir einen schönen Platz mit Blick auf den Hafen. Kaum hatten wir abgelegt, wurde es jedoch so windig und kalt, dass wir ins Innere der Fähre flohen. Dort ergatterten wir glücklicherweise noch einen Fensterplatz, von dem aus wir die Fahrt entlang der Küste beobachten konnten. Waren wir wirklich diesen ganzen Weg gelaufen? Das war ja richtig weit! So heftig hatten wir es gar nicht empfunden.
Das Boot benötigte etwa 35 Minuten, bis es Riomaggiore erreichte. Nach dem Anlegen gingen wir an Land und verbrachten noch einige Zeit im Bereich des pittoresken Hafens. Über die Felsen im Wasser kletternd suchten wir nach schönen Fotospots. Anschließend stiegen wir endlos viele Treppen in den oberen Ort hoch und entdeckten immer wieder neue, tolle Aussichten auf den Hafen und das Dorf.
Gegen 16.30 Uhr fanden wir uns am Bahnhof ein und nahmen den Zug zum benachbarten Dorf Manarola. Der kleine Ort, dessen farbenfrohe Häuser sich dicht gedrängt an einem ins Meer ragenden Hügel stufenartig hochziehen, ist unserer Meinung nach der Malerischste der Cinqueterre.
Wir spazierten vom Bahnhof zunächst zum Hafen und dann hinauf zu dem kleinen Park, der dem Dorf gegenüber am Hang liegt. Von dort aus hat man die beste Aussicht auf Manarola und das Meer. Es gibt einige Parkbänke, auf die man sich gemütlich hocken und das Panorama genießen kann. Genau das taten wir dann auch für eine Weile, denn gelaufen waren wir heute mehr als genug.
Irgendwann überkam uns der Hunger, und so beschlossen wir, einen Happen essen zu gehen. Leider öffnen viele Restaurants in Italien über Mittag und dann erst wieder ab 19 Uhr. Daher war die Auswahl nicht gerade riesengroß. Direkt am Hafen entdeckten wir schließlich das Ristorante Marina Piccola, das anscheinend durchgehend geöffnet hat. Dort setzten wir uns gemütlich auf die Terrasse und bestellten Pasta und Bier. Weiterempfehlen können wir das Restaurant leider nicht, denn das Essen war sehr mittelmäßig und die Bedienung recht unmotiviert.
Nachdem wir endlich gezahlt hatten (die Kellnerin brauchte ewig, um uns die Rechnung zu bringen), warfen wir einen Blick auf den Zugfahrplan. Der nächste Zug sollte um 19.06 Uhr eintrudeln. Letztendlich hatte er dann aber eine Viertelstunde Verspätung, und wir hockten ziemlich lange am zugigen Bahnhof rum.
Zurück auf dem Campingplatz ging’s direkt ab zum Duschen. Den Rest des Abends verbrachten wir mit Fotos sichten und lesen, bevor wir gegen 22 Uhr ins Reich der Träume abdrifteten.
Tagesetappe: 0 km
Übernachtung: Campeggio Albero D’Oro, Levanto
Preis: 31,00 € pro Nacht (setzt sich zusammen aus: 8,50 € pro Person, 14 € für den Stellplatz)
Hi,
ein super Bericht! Wir waren heuer im Mai auch u.a. in einigen Dörfern von Cinque Terre und waren sehr begeistert. Die Dörfer sind zwar ab ca. 10:00 heillos überlaufen, aber dafür trafen wir während der Wanderung fast keine Leute, und von der Aussicht brauche ich erst garnicht zu schreiben beginnen 🙂
Viele Grüße aus Österreich,
Johannes