Mittwoch, 05.05.2010
Als wir in der Morgendämmerung aufbrachen, um in den Krater hinunter zu fahren, war der Himmel stark bewölkt, aber nach Regen schaute es nicht aus. Mal wieder saßen wir gemeinsam mit Wolfgang, Hilda und Martin in einem Jeep. Nun gab ich so langsam die Hoffnung auf, dass sich an der Besetzung noch etwas ändern würde. Na ja, wir würden schon irgendwie miteinander klar kommen. Nachdem wir das Tor passiert hatten, ging es auf einer richtig schlechter Piste, die mit lauter Schlaglöchern übersät war, abwärts. Wir wurden ordentlich durchgeschüttelt. Unterwegs begegneten wir einem Elefanten, der sich das nahrhafte Laub von den Bäumen am Wegesrand pflückte.
Als wir unten ankamen, öffnete sich vor uns die weite Ebene des Kraters. Die Landschaft war auch hier einfach zauberhaft. Überall blühten Wildblumen in kräftigem gelb und lila, die hügeligen Kraterwände waren zartgrün mit Gras und Wald überzogen und die ausgefahrenen Wege waren lehmig braun. Das Dach des Jeeps hatten wir hochgedrückt, so dass wir jederzeit aufstehen und besser sehen konnten. Es dauerte gar nicht lange, da entdeckten wir in der heidebedeckten Szenerie zwei Geparden. Die Tiere hatten überhaupt keine Angst vor den Fahrzeugen und ließen sich nahezu gelangweilt von uns beobachten. Einer der Geparden hatte eine kleine Wunde am Kopf, die zu jucken schien, denn er wälzte sich immer wieder und rieb seinen Kopf über den Boden. Wir konnten ein paar ganz tolle Fotos von den beiden Kerlen machen und betrachteten fasziniert, wie sie miteinander spielten und sich käbbelten. Kurz darauf kam eine von Fliegen umschwirrte Löwin genau auf uns zugelaufen. Mit ein paar großen Sätzen sprang sie über mehrere Gräben, die die Ebene durchzogen. Dann lief sie zwischen zwei unserer Jeeps hindurch und schmiegte sich in typischer Katzenmanier an der Seite des vorderen Fahrzeugs entlang. Was für ein tolles, hautnahes Erlebnis!
Auf der Weiterfahrt sahen wir zwei Sekretäre in einer Arkazie und einen Alarmvogel, der irgendwie immer wieder am Wegesrand auftauchte, lauthals piepste und mehrfach ein paar Zentimeter in die Luft flatterte. Was für ein drolliger, kleiner Geselle. Unser Ösi Martin, der sich vor uns als Vogelexperte geoutet hatte, wusste selbstverständlich immer viele Details über jede Vogelspezies zu erzählen. Außerdem kannte er natürlich jeden Vogelnamen und tat diesen auch kund. Uns war das nur willkommen, denn wir konnten gerade mal zwischen einem Spatz und einer Amsel unterscheiden, und hatten daher immer Interesse, mehr über die Flattermänner zu lernen. Zunehmend genervt war insbesondere ich von Wolfgangs besserwisserischen Kommentaren und seiner Art, wie er mit unserem afrikanischen Fahrer umsprang. Wenn er zum Beispiel keine Lust mehr hatte, ein Tier weiter zu beobachten, dann rief er ganz bestimmend „Go, go, go, go, go!“ nach vorne. Dabei war ihm relativ egal, ob wir anderen auch schon weiterfahren wollten. Wollte ER hingegen anhalten, schrie er „Stop! I said stop!!“. Puh, das war ganz schön peinlich und warf allgemein kein gutes Licht auf uns deutsche Touristen. Wir schwiegen pikiert und versuchten den Kommandoton weitestgehend zu ignorieren.
Weiter ging es durch die wunderschöne Ngorongoro-Ebene. Die enorm hohe Tierdichte begeisterte uns sehr. Ständig gab es etwas Neues zu entdecken: Eine riesige Kaffernbüffelherde, die von Madenhackern begleitet wurde, labte sich an dem reichhaltigen Grün. Einige der Büffel flehmten, und zwei Tiere paarten sich gerade. Inmitten eines riesigen gelben Blumenfelds stand ein Elefantenbulle und schaufelte sich mit dem Rüssel die Pflanzen ins Maul. Eine Warzenschweinfamilie betrachtete uns neugierig und beschloss dann, lieber schnell im dichten Gras zu verschwinden. Es war wirklich extrem abwechslungsreich und nicht einen Augenblick langweilig. Wir fuhren mitten durch Gnu- und Zebraherden, die sich nur ungern vom Weg runter bewegten und aufgeschreckte Töne von sich gaben. Die Zebras schrieen in hohen, schrillen Lauten, während die Gnus nervös schnaubten oder grunzten. Was für ein Konzert!
Später ging es entlang des Natronsees, in dem Büffel und Flamingos badeten. Am Ufer sahen wir mehrere Hyänen, herumtollende Gnus und vorbeiziehende Zebras. Unser Fahrer hatte die Info bekommen, dass es in der Nähe einen Kill gegeben hatte. Schnell machten wir uns auf den Weg zu der beschriebenen Stelle und staunten nicht schlecht: Eine einzelne Löwin hatte direkt am See ein ausgewachsenes Zebra gerissen. Sie hatte ihre Beute bereits geöffnet und fraß sich nun satt. Ihr ganzes Gesicht war blutverschmiert; immer wieder vergrub sie es im Fleisch des Zebras. Für mich war es ein abstoßender und gleichzeitig faszinierender Anblick. Glücklicherweise hatten wir einige Meter Abstand, so sah man wenigstens nicht alle Details.
Alsbald entdeckten wir einen männlichen Löwen, der in der Astgabel eines Baumes schlummerte. Der Pascha wurde auf uns aufmerksam, hob träge den Kopf und beschloss, lieber noch ein Stückchen höher zu klettern und dort weiter zu schlafen. Weiter oben ruhte ein zweiter Löwe, der aber nicht einmal aufschaute.
Gegen Mittag machten wir eine Pause in der Nähe eines Flusspferdebeckens. Es gab belegte Brote, die wir wegen der extrem aufdringlichen Vögel lieber im Fahrzeug verzehrten. Anschließend konnten wir uns noch ein bisschen die Beine vertreten, bevor wir den Gamedrive fortsetzen. In einem riesigen Schlammloch suhlten sich unzählige Büffel, auf einem Steinbrocken saß ein Raubvogel und trocknete seine Flügel, im hohen Gras stolzierten zwei Kronenkraniche umher und in den Zweigen einer Akazie erspähten wir einen wunderschönen, bunten Vogel, bei dem es sich um eine Gabelracke handelte. Auch zwei Schakale, mehrere Straußen, eine grüne Meerkatzenfamilie und zahlreiche Elefanten mit Nachwuchs konnten wir im Laufe des Nachmittags noch beobachten. Nur das Glück, einen Leoparden zu sehen, war uns nicht vergönnt, was ich persönlich aber nicht so schlimm fand. Nach dieser Fülle an Tieren, die wir heute zu sehen bekommen hatten, konnte man nur mehr als zufrieden sein. Es war viel viel mehr, als wir jemals erwartet hatten… ein wahres Tierparadies.
Am Abend schlemmten wir uns noch einmal durch das leckere Buffet der Serena Lodge. Später sichteten wir noch unsere enorme Bilderflut und fielen schließlich todmüde ins Bett.
Übernachtung: Ngorongoro Serena Lodge
Gefahrene Strecke: Keine Ahnung